Hassliebe FIFA: von Nostalgie zu verlorenem Spielspaß und der Vorbildfunktion von YouTubern

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Mein Name ist Sven und ich bin ein Kind der 1990er-Jahre. Seit ich denken kann kaufe ich mir jedes Jahr den neuen Teil der EA Fußballsimulation FIFA. Warum ich es aber dieses Jahr nicht tun werde und was Influencer auf YouTube und Twitch damit zu tun haben, werde ich euch in diesem Artikel versuchen zu erklären. 

Dies soll keine Aufforderung sein es mir gleich zu tun, gerade die jüngere Generation wird vielleicht andere Ansichten auf dieses Thema haben. Und Gott bewahre, die hatte ich lange Zeit auch. Ich entschloss mich allerdings mein Handeln zu reflektieren und den Sinn dieses Spiels zu hinterfragen …

… und vor allen Dingen hat sich mein Bankkonto lange nach dieser Entscheidung gesehnt. 

FIFA 98 oder auch DSF Hallenfußball

Es ist Sommer 1998 – die Weltmeisterschaft in Frankreich ist im vollen Gange. Deutschland hat das erste Vorrundenspiel gegen die USA gewonnen, Klinsmann und Bierhoff im Sturm einfach unaufhaltsam. 

Nach einem gemütlichen Fußballabend mit Barbecue und alkoholfreien Bier (so alt war ich nun auch wieder nicht) kommt der beste Freund vorbei und man schmeißt gemeinsam die PlayStation 1 an und hofft, dass diese auch unser Lieblingsspiel FIFA 98 lesen kann. Ein kurzer Moment des Luftanhaltens, aber dann die erlösende Melodie

Erstmal eine Partie auf normalen 11er-Feld, Klinsmann wie im echten Leben in Höchstform. Leider habe ich das Spiel aufgrund von vier roten Karten verloren. Viermal den Torwart meines Freundes umgegrätscht. 

Das nächste Spiel wird ein Indoor-Match. Hallenfußball ist der Hit zu dieser Zeit und das Aushängeschild des Sportsenders DSF. Vorausgesetzt es ist noch nicht nach 12 Uhr nachts.

FIFA 98 hat mich zum Gamer gemacht und das ist ein Fakt. Klar habe ich auch andere Games gespielt, aber FIFA war der absolute Dauerbrenner. 

Und es war zu diesem Zeitpunkt vor allem ein Gesellschaftsspiel ohne zu großen Konkurrenzgedanken. Man hatte einfach Spaß und auch die nächsten Teile der Reihe hielten ihr Versprechen.

FIFA 99 bis FIFA 09

Die nächsten zehn Jahre waren meiner Meinung nach die Glanzzeit von EA. Jedes Jahr wurde das Gameplay besser. Die Grafik zu dieser Zeit versprach in jedem Teil ein neuer Augenschmaus zu sein. 

Ich habe mir jeden Teil der FIFA-Reihe von meinem hart erarbeiteten Taschengeld und später von den wenigen Einnahmen, die ich aus Nebenjobs erhalten habe, gekauft. Und ich bereue nichts. 

FIFA 10 und Ultimate Team – Der Anfang vom Ende

Bereits in FIFA 09 wurde ein halbes Jahr nach Release der Spielmodus Ultimate Team eingeführt. 

Ich persönlich habe es erst seit FIFA 10 in wahrnehmbarer Erinnerung. Was in den ersten ein bis zwei Jahren nach Veröffentlichung noch interessant wirkte und eigentlich auch Spaß gemacht hat zu spielen, wurde schnell zur Cashcow von EA. 

Wer Ultimate Team nicht kennt hier eine kleine Zusammenfassung meinerseits:

Im oftmals nur FUT (FIFA Ultimate Team) genannten Spielmodus geht es darum sein eigenes Team zu erstellen und stärker zu machen. Mit sogenannten FIFA-Coins, der Ingame-Währung des Spiels, kann man sich Spieler auf dem FUT internen Transfermarkt kaufen. Diese Coins kann man zum einen durch reines Gameplay erspielen oder durch verschiedene Challenges gewinnen. Aber allen voran kann man diese auch mit Echtgeld kaufen. 

Mein geliebtes FIFA wurde zu einem Pay2Win-Spiel. Und ich war jahrelang ok damit und habe auch mein hart verdientes Geld wortwörtlich verschenkt. Ja, verschenkt. Denn es ist nicht so, dass man die Coins, die man sich voller Stolz erspielt oder erkauft hat, im nächsten Teil der Spielserie behalten kann. Nein, die sind weg und man startet wieder bei Null. 

YouTuber und Twitch-Streamer – Wo ist die Vorbildfunktion?

Bereits seit 2011 veröffentlichen Influencer auf YouTube und später auch auf Twitch FIFA Content. Wenn ich mich recht entsinne habe auch ich eine Zeit lang Videos von Danny Liepolt alias Proownez geschaut.

Der Content dieser FIFA-YouTuber und -Streamer besteht grob geschätzt zu 30 Prozent aus Gameplay und zu 70 Prozent daraus tausende Euros, oftmals am Tag (!) , innerhalb des Spiel zu verbrennen. 

In Form von sogenannten Pack Openings kaufen sie Loot Boxes, in denen sich zumeist wertlose Spieler befinden. Nachdem sie dann 200-mal Spieler von Greuther Fürth gezogen haben, kommt dann doch mal ein halbwegs brauchbarer Spieler zum Vorschein. 

Versteht mich nicht falsch, jeder soll mit seinem Geld machen was er will, aber als Person des öffentlichen Lebens sollte man auch eine Vorbildfunktion innehaben und vor den teils sehr jungen Zuschauern, dieses Pay2Win Spiel von EA nicht als normal darstellen. 

Es ist nicht normal so viel Geld in ein Spiel zu stecken. Aber durch Werbeeinnahmen und Sponsoren machen die Influencer ja keinen Verlust, sondern einen riesen Gewinn. Die minderjährigen Zuschauer sehen von diesem Gewinn aber nichts, wenn sie sich die Kreditkarte von Mama ausborgen.

Vielleicht merkt man es: aber es macht mich aggressiv. Solche Influencer machen mich aggressiv. Es macht mich wütend, was aus meinen geliebten FIFA geworden ist. 

Ich habe fertig (Giovanni Trapattoni)!

Wie der einst legendäre Bayerntrainer habe ich nichts mehr zu sagen. „Ich habe fertig“ mit FIFA und mit diesem Artikel.

Eins steht fest: dieses Jahr werde ich nicht wieder in Versuchung geraten den neuen Teil dieses Spiel zu kaufen. Sofern EA in den nächsten Jahren nicht grundlegend etwas an ihrem Konzept ändert, wird dies auch für die Folgejahre Bestand haben. Außerdem werde ich auch nicht jünger und inzwischen ist mir das Spiel eh zu kompetitiv geworden. Die junge Generation hat echt flinke Finger. 

Übrigens wird FIFA 23 nicht mehr FIFA, sondern EA Sports FC heißen.

Der Grund: Das liebe Geld. 

Wie ist deine Meinung zur Spielreihe, EA und FIFA Content Creatorn? Freue mich auf rege Diskussionen! 

André EymannAlexander StrellenTobi

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3 Antworten zu „Hassliebe FIFA: von Nostalgie zu verlorenem Spielspaß und der Vorbildfunktion von YouTubern“

  1. Avatar von Tobi

    Danke für deinen Beitrag, Sven! Mit Fußball konnte ich noch nie viel anfangen, aber kann dennoch gut nachvollziehen, was du meinst. Ich habe schon recht früh aufgehört, Spiele zu unterstützen, die als fast einzige Änderung zum Titel davor neue Teams hatten. Das Problem traf z.B. genauso die ganzen Formel 1 Spiele. Aber auch mit Teams und Autos der Vorsaison konnte man gut weiterspielen.
    Dass man in so vielen Spielen so viel Geld versenken kann, finde ich ebenso problematisch. Spiele mit solchen, für Kids jeder Altersstufe beinahe unbeschränkten Kaufinhalten bräuchten – hab grad mal geschaut – eine andere FSK Einstufung als die Null. Null! „Ist doch nur Fußball…“. Aber ich denke, dass auch für viele Erwachsene die Grenze zwischen Normal und Suchtverhalten bei solchen Spielkonzepten verschwimmt, da es oftmals auch nur kleine Beträge sind, die den Besitzer wechseln. Wieviele Wände und Regale voll Sprit in den Supermärkten wirklich stehen, sieht man oft auch erst, wenn man gar nichts mehr trinkt, weil man ein Problem damit hatte (wie ich). Aus dieser Ecke betrachtet freut es mich sehr, dass du einen Schritt zurück gemacht und das Ganze reflektiert hast! Diese Art der Monetarisierung scheint, besonders bei den großen am Markt, leider einfach „normal“ geworden zu sein. Umso schlimmer, wenn es durch „Influencer“ dann direkt oder indirekt als tolles Feature beworben wird.
    Im Spielemarkt sehe ich so viele Geldgräber, Zusatzkäufe, Tauschgeschäfte, Abo’s. Es nervt mich total. Nochmals danke für deinen Beitrag.

    André EymannSven
  2. Avatar von Alexander Strellen

    Nicht ohne Grund gibt es ja Versuche diesen Spielmodus als Glückspiel einzuordnen und damit dieses Treiben zu beenden. Finde ich auch richtig. Mit der Idee, zusammen mit Freunden eine Partie Fußball (oder eine andere Sportart) zu spielen, hat das nicht mehr viel zu tun.
    Die Spiele hätten mit dem Ultimate Team Modus nur eine Freigabe ab 18 verdient. Vielleicht könnte man Jugendliche so davor schützen. Der eine oder andere Erziehungsberichtigte würde dann vielleicht auch genauer hinschauen.
    Persönlich spiele ich kein Fifa, ich kenne den Ultimate Team Modus nur aus der Madden Serie. Genau dieser Modus ist aber auch der Grund warum ich mir nicht jedes Jahr einen neuen Teil der Spielreihe kaufe. Am Spiel selber ändert sich ja nicht mehr viel. Da kann ich gut auch einen 2 oder 3 Jahre alten Vorgänger spielen. Wenn ich denn auf den Onlinemodus verzichten kann. Das regt mich dann auch auf. Wenn die Spielserver nach 2 Jahren abgeschaltet werden und ich quasi nur noch das Spiel im Single-Player-Modus benutzen kann.
    Zum Glück kann ich mich aber auch noch zu zweit vor die Konsole setzen und ein Match spielen. Aber wenn ich ehrlich bin: Eine Partie Fußball macht für mich mit einem 20 Jahre alten Spiel mehr Spaß als mit einem FIFA22. Ich habe nämlich keine Lust eine völlig überladene Controllerbelegung zu lernen.

    André EymannTobi
    1. Avatar von Sven

      Hallo Alexander,

      ich finde auch, dass es der richtige Weg wäre den Ultimate Modus als Glücksspiel einzuordnen. Was ich im Text vergessen habe zu erwähnen ist, dass EA sich gerade durch Ultimate Team eine goldene Nase verdient. Leider scheint es so, als ob sie auch kein Interesse daran haben durch das eingenommene Geld das Gameplay zu verbessern oder ihre Serverstruktur zu überarbeiten. Im Online Modus hat man seit jeher sehr viel mit Delay zu kämpfen.

      Madden habe ich tatsächlich noch nie gespielt, aber kann mir vorstellen, dass die Begebenheiten sich dort nicht sehr unterscheiden, wie du schon sagst.

      André EymannTobi