Electro Freddy für den Amstrad CPC: Fließbandarbeit für Pixelschieber

Avatar von Michael Behr

Wer sich schon mal eine meiner Reviews zu den alten Spieleklassikern durchgelesen hat, wird wissen, dass es mir vor allem um die Aufarbeitung von Erinnerungen geht.

Denn das ist ja letztlich der Auslöser dafür, dass man sich überhaupt mit einem dieser alten „Klopper“, die eine aus heutiger Sicht erbärmliche Grafik und manchmal auch fast keinen Spielwitz haben, beschäftigt. Und eine Erinnerung, die ich von ganz früher, aus meinen ersten Spielertagen habe, ist Electro Freddy von Marcus Altman.

Dieser Titel eines Spiels der englischen Firma Amsoft aus Brentwood (Essex), meiner liebsten Spieleschmiede für den Schneider CPC, wurde in unserer Familie bald zu einem geflügelten Wort. Alles und jeder, der irgendwas mit Elektronik zu tun hatte, war auf einmal ein „Electro Freddy“. Der Begriff wurde fast zu einem Synonym. Was das mit dem Spiel zu tun hat? Streng genommen nicht viel, aber es macht ja auch nichts. Für mich ist es Aufhänger genug, euch hiermit eines der ersten Spiele für das damals neue System vorzustellen.

Wenn der Otto mit dem Freddy

Die Geschichte von Electro Freddy ist schnell erzählt. Freddy ist der Neffe von Onkel Otto, der ein Elektrogeschäft betreibt. Dort soll er in seinem Nebenjob alle möglichen Waren auf ein Fließband befördern, damit diese zum Verschicken transportiert werden können. Doch Onkel Otto ist von der gemeinen Sorte. Er mag es, seinen Neffen zu ärgern und versucht, ihn an der Ausführung seiner Tätigkeit zu hindern. Klingt unlogisch? Macht nichts, ist es nämlich auch.

Der erste Level von Electro Freddy ist noch überschaubar. (Bild: Amsoft)
Der erste Level von Electro Freddy ist noch überschaubar. (Bild: Amsoft)

Das ist nun genau die Situation, in der sich der Spieler nach dem Start des Programms befindet. Man steuert Electro Freddy, auf dem oberen Bild das dickgesichtige Etwas in der Bildschirmmitte, und versucht als dieser, alle herumliegenden Gegenstände auf das Fließband zubugsieren. Dazu stellt man sich darüber und schiebt einfach nach unten. Man kann die Gegenstände auch seitlich oder nach oben verschieben, was an einigen Stellen bitter nötig ist, um überhaupt an die Dinger ran zu kommen. Denn die einzelnen Level präsentieren sich als verwinkelte Räume.

Das kommt wiederum Onkel Otto zugute, der immer oben links startet und sich auf den Weg macht, seinen Neffen zu erwischen. Eine Berührung mit Otto befördert Freddy sofort ins Krankenhaus (scheint elektrisch geladen zu sein, der Mann). Und das meine ich nicht im übertragenen Sinne, denn dann erscheint ein Krankenwagen, der über das Fließband fährt und Freddy einsammelt. Man verliert überdies eines seiner Leben.

Weil Otto ein eher langsamer Zeitgenosse ist, zumindest in den frühen Levels, verlegt er sich hin und wieder darauf, mit Gegenständen nach Freddy zu werfen. Es ist nicht ganz klar, worum es sich handelt, früher habe ich die Dinger für Kündigungsschreiben gehalten, heute würde ich anhand eines markanten Farbkleckses (tut mir leid, aber so ist es nun mal) für eine symbolhafte Darstellung eines Sinclair ZX Spectrum halten.

Amsoft-Disc zu Electro Freddy. (Bild: Amsoft)
Amsoft-Disc zu Electro Freddy. (Bild: Amsoft)

Kleiner Exkurs: der ZX Spectrum, von Sir Clive Sinclair als Nachfolger seines bahnbrechenden ZX81 entwickelt, war in den 1980ern der dominierende Homecomputer in Großbritannien, weit vor den Mitbewerbern wie Amstrad oder Commodore. Die Firma kam nach einem mittelschweren Desaster mit dem Sinclair QL (einem der ersten 16-Bit-Rechner) nicht wieder auf die Beine und wurde schließlich von Amstrad gekauft, nur um knapp vor dem CPC abgewickelt zu werden.

Als weitere Gemeinheiten im Spiel fallen hin und wieder größere Pakete einfach so von der Raumdecke herunter, die einen bei Berührung ebenso ins Krankenhaus bringen, wie das Durchschreiten der Lichtschranke in einigen der höheren Levels. Für zusätzliche Punkte kann Freddy hin und wieder in die rechte obere Ecke laufen, wo köstlicher Apple Pie erscheint, der Punkte zählt.

Das Ziel innerhalb eines Levels ist dann erfüllt, wenn alle Gegenstände auf dem Laufband sind und man sich einen Schlüssel geschnappt hat, der an der Stelle erscheint, wo auch Onkel Otto immer wieder seinen Rundgang beginnt. Klingt das bislang so, als könnte Freddy sich gar nicht wehren? Kann er aber, jedenfalls gegen seinen gemeinen Onkel. Er kann nämlich seinerseits einen der zu verpackenden Gegenstände von oben oder unten auf Otto schieben, der dadurch außer Gefecht gesetzt wird, nur um eine Sekunde später wieder von seinem Ausgangspunkt zu starten. Gegen die Pakete gibt es leider kein Hilfsmittel. 

Bei Berzerk bedient?

Das ist in mehr Worten als es eigentlich gebraucht hätte – beim Spielen erklärt sich das selbst in zwei Minuten – der ganze Inhalt des Spiels, das seinen entfernten Verwandten Berzerk nicht leugnen kann und will (der Bösewicht in dem Atari-Klassiker hieß „Evil Otto“). Vom Spielprinzip her ist es unvergleichlich lahmer als dieser Vorgänger. Es gibt einfach nicht genug zu tun für den Spieler. Das ewige hin- und herschieben der Gegenstände wird schnell zur Routine und damit langweilig. Hinzu kommt, dass es nur vier verschiedene Räume gibt, die sich ständig wiederholen. Nur die zu verladenden Gegenstände ändern sich.

Onkel Otto (mitte) und Electro Freddy (rechts) in Aktion. (Bild: Amsoft)
Onkel Otto (mitte) und Electro Freddy (rechts) in Aktion. (Bild: Amsoft)

Die Graphik ist sehr blockig und bei Freddy fragt man sich, ob das ein wandelnder Kühlschrank oder dergleichen sein soll. Ein echter Lacheffekt ist die Bewegung seiner Füße, die einem hektischen Trippeln gleicht.

Onkel Otto ist da ein wenig besser gezeichnet, aber das fiel auch nicht schwer, denn so lahm wie der ist, musste man keinen Wert auf schnelle Animation legen. Das Hauptproblem bei diesem Spiel ist wirklich der sehr niedrige Schwierigkeitsgrad. Die Chance, von Otto erwischt zu werden, ist in den ersten paar Levels schlicht kaum gegeben. Und auch werfen, kann der Onkel nicht sonderlich gut. Die größte Gefahr geht von den Paketen aus, die wie es der Zufall will, gerne einmal an der Stelle von der Decke fallen, an der man gerade vorbeikommt. Ausweichen kann man dann nicht mehr, so dass hier der Aspekt der Reaktionsschnelligkeit nicht greift. 

Einmal Freddy, immer Freddy

Auch beim Sound bekommt man nicht viel geboten, wenn man vom enervierenden „Tatütata“ des Krankenwagens absieht, der an sich eine lustige Idee darstellt, die sich allerdings auch schnell abnutzt. Der Wiederspielwert des Ganzen ist also insgesamt eher gering. Das Spiel zeigt deutlich, wie alt es ist. Und dennoch komme ich hin und wieder darauf zurück, alleine schon des Namens wegen.

Denn ein Elektriker oder Elektrofachmarktverkäufer ist für mich, dank dieses Spiels von Marcus Altman, ein „Electro Freddy“ und bleibt auch ein „Electro Freddy“!

Überarbeitete Originalfassung vom 16. Februar 2004.


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Eine Antwort zu „Electro Freddy für den Amstrad CPC: Fließbandarbeit für Pixelschieber“

  1. Avatar von Michael Noe
    Michael Noe

    War neben Alien Break In mein erstes Spiel für den Schneider 464, meinem ersten Computer.

    Ich konnte Tage damit zubringen. Hatte aber anfangs auch nichts anderes.