Die Nintendo PlayStation – es gab sie nie offiziell, also habe ich mir eine gebaut

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Ein kurzer Rückblick – die Geschichte der Nintendo PlayStation

Ein kurzer Ausflug ins Jahr 1988 – Nintendo war zu dieser Zeit das führende Videospielunternehmen, doch die 1987 in Japan veröffentlichte PC Engine von NEC stellte eine echte Konkurrenz dar, die in Sachen Beliebtheit sowohl das 1988 in Japan veröffentlichte Sega Mega Drive als auch das Nintendo Entertainment System (NES) übertraf. In Europa und den USA stand hingegen nur das Mega Drive im direkten Wettbewerb mit dem NES. Zusätzlich zu diesem Erfolg, brachte NEC das CD-ROM² für die PC-Engine 1988 auf den japanischen Markt. Es war die erste Konsole mit CD-ROM-Technik überhaupt.

Sony hatte zu dieser Zeit eine Partnerschaft mit Nintendo in Form von lizenzierter Technologie. Nintendo verwendete zum Beispiel Sonys Prozessor „SPC700“ (entworfen von Ken Kutaragi), der für die Wiedergabe von Sound und Musik im kommenden Super Nintendo verantwortlich sein sollte, dessen Veröffentlichung für das Jahr 1990 geplant war. Kutaragi überzeugte Nintendo, es NEC gleich zu tun und ein CD-ROM-Laufwerk in das SNES einzubauen. Nintendo sah in der CD-ROM-Technologie auch tatsächlich eine Chance, mit NEC gleichauf zu ziehen und sich auch gegenüber der wachsenden Konkurrenz aus dem Hause Sega einen Vorsprung zu verschaffen.

Sony und Nintendo vereinbarten, dass Sony das CD-Lauferk als Addon für das SNES entwickelt und im Gegenzug Sony die Erlaubnis bekommt, eine eigene Multimedia-CD-Konsole mit zusätzlichem Cartridge-Slot für SNES-Spiele zu entwickeln. Auf der Consumer Electronics Show 1989 wurden sowohl das SNES CD-ROM als auch die PlayStation-Konsole angekündigt.

Faktisch gab es also nicht nur „die“ Nintendo PlayStation, sondern zwei unterschiedliche Projekte: ein Super Nintendo CD-Addon (das per Extension-Port an der Unterseite des SNES gesteckt wird) und eine komplett eigenständige Konsole von Sony, die Super Nintendo Cartridges und Super Nintendo CD-Spiele abspielen kann (darüber hinaus auch Audio CDs). [1]

Anm.: Im weiteren Verlauf werde ich das Super Nintendo CD-Addon Laufwerk als „SNES CD“ und die Sony-eigene Konsole als „PlayStation“ bezeichnen, um Verwechslungen zu vermeiden.

Der Bruch zwischen Nintendo und Sony

Teil des Nintendo/Sony-Deals sollte es sein, dass Sony die Rechte für Entwicklung und Verkauf von CD-Software, die auf der PlayStation liefe, erhalten sollte, ohne weitere Lizenzgebühren an Nintendo zahlen zu müssen. Somit wäre Nintendo ausschließlich an den Gewinnen aus Hardware-Verkäufen beteiligt gewesen. Zudem sollte Sony das CD-Format für beide Geräte entwickeln, was zur Folge hätte, dass Sony die Lizenzrechte an allen mit dieser Technologie entwickelten Spiele besitzen würde.

Das allerdings stand im Widerspruch zu Nintendos Geschäftspraktiken und die im Vertrag festgehaltenen Regelungen scheinen aus heutiger Sicht nicht eindeutig genug gewesen zu sein. Nintendo hatte offenbar die Befürchtung, nicht an Einnahmen durch von Sony entwickelte Spiele beteiligt zu werden. Sonys ehemaligem Vorsitzenden, Shigeo Maruyama, zufolge hatte Sony erklärt, dass es sich gar nicht um Spiele kümmern wollte, sondern eher an Enzyklopädien und andere Software-Anwendungen auf CD-ROM dachte. Ausdrücklich im Vertrag festgehalten wurde dies aber wohl nicht, oder es handelte sich um eine Nachlässigkeit von Nintendo, das bei Vertragsabschluss möglicherweise grundsätzliche Zweifel an der Eignung von CD-ROMs für Videospiele hatte. Diese Zweifel teilte Nintendo Sony aber nicht mit.

Der Nintendo PlayStation Prototyp (Quelle: Wikipedia.org)
Der Nintendo PlayStation Prototyp [8]

1991 stellte Sony die PlayStation auf der Consumer Electronics Show (CES) der Öffentlichkeit vor.
Einen Tag später ließ Nintendo dann die Bombe platzen und gab, für Sony völlig überraschend, bekannt, dass sie auch mit Philips einen Vertrag über die Entwicklung eines CD-ROM Addons für das Super Nintendo abgeschlossen hätte. Der Unterschied bei diesem Vertrag war, dass Nintendo die alleinigen Lizenzrechte an allen für das CD-Addon entwickelten Spiele und Software hätte.

Sonys Konsequenz

Arg vor den Kopf gestoßen überlegte Sony, was es mit der vermeintlich unnötig investierten Zeit und Kosten für die Technologie des CD-Addons nun anfangen solle. Sony Präsident Norio Ohga und Ken Kutaragi beschlossen, die Multimediakonsole – die PlayStation – als eigenes System weiter zu entwickeln und somit selbst in den Videospielmarkt einzusteigen.

Trotz des Vertragsbruchs seitens Nintendo, behielt Sony dennoch weiterhin das Recht, den Slot für SNES-Spiele in ihrer Konsole zu behalten, da Nintendo auch weiterhin den Sony Soundchip in seinem SNES verwendete. Den Bärenanteil der Gewinne aus lizensierten Spielen für die PlayStation würde aber dennoch Nintendo einstreichen.

Die PlayStation wurde 1991 auf der Tokyo International Electronics Show präsentiert. Das geplante Veröffentlichungsdatum war der Sommer 1992 – sechs Monate vor der ursprünglich für das SNES CD-ROM geplanten Markteinführung. Der Rest und der Erfolg von Sonys eigener PlayStation ist Videospiel-Geschichte.

Der Prototyp

Das erste Foto des aufgetauchten Prototyps (Quelle: Reddit, Dan Diebold)
Das erste Foto des aufgetauchten Prototyps [9]

Im Jahr 2015 – 24 Jahre nach dem ursprünglichen Projektstart, tauchte plötzlich ein Prototyp der Nintendo PlayStation auf. Sonys Multimedia-Konsole, mit Slot für Super Nintendo Cartridges und CD-ROM Laufwerk. Der ehemalige Chef von Sony Interactive Entertainment, Ólafur Jóhann Ólaffson, hatte den Prototyp wahrscheinlich in seiner Zeit bei Sony erhalten und mitgenommen. [2] Dieser wechselte von Sony zur Firma „Advanta Corporation“, deren Präsident er 1998 wurde, und verließ auch dieses Unternehmen ein gutes Jahr später. Den Prototypen ließ er dort zurück. Advanta geriet kurz darauf in die Insolvenz und ihre Habseligkeiten gingen, für 75 US-Dollar bei einer Versteigerung, teilweise in den Besitz von Terry Diebold über, der aber nicht wusste, in welch einzigartigen Besitz er dort gekommen war – und so verschwand die Nintendo PlayStation auf seinem Dachboden, bis sein Sohn sie dort entdeckte und auf Reddit Fotos davon hochlud [5].

Das CD-Laufwerk des Prototypen funktionierte zum Zeitpunkt seiner Wiederentdeckung nicht, aber Spiele im Cartridge-Slot ließen sich starten. Benjamin J. Heckendorn, besser bekannt als „Ben Heck“, ein US-amerikanischer Computeringenieur, schaffte es, im Rahmen seiner Online-Show „The Ben Heck Show“, durch Reverse-Engineering und Messverfahren, das Laufwerk des Prototypen in Gang gesetzt zu bekommen [https://www.youtube.com/watch?v=gaIfPuziJ-0].

Der Nintendo PlayStation Prototyp mit Controller und Boot-Cartridge für das CD-Laufwerk (Quelle: Wikipedia.org)
Der Nintendo PlayStation Prototyp mit Controller und Boot-Cartridge für das CD-Laufwerk [8]

Ab 2015 reisten Vater und Sohn Diebold ab 2015 mit der Konsole um die Welt und stellten sie auf diversen Messen aus. Da sich damit aber kaum Geld verdienen ließ, entschieden sie sich, den Prototypen zu verkaufen. Ein angeblich erhaltenes Angebot eines Norwegers über 1,2 Mio. US-Dollar lehnte Diebold nach eigenen Aussagen jedoch ab. Am 27. Februar 2020 wurde der Prototyp dann über das Auktionshaus „Heritage“ zum Verkauf angeboten. Den Zuschlag erhielt am 6. März 2020 das 300.000 US-Dollar Höchstgebot (plus 60.000 USD Gebühr an Heritage) des Videospiel-Sammlers und ehemaligen Gründers von Toys.com und Pets.com, Greg McLemore. [3][4]

Damit verschwindet vorerst der einzige – von ehemals 200 – noch verbliebene Prototyp zunächst von der Bildfläche.
Obwohl viele hier gerne Indiana Jones zitieren und fordern: „It belongs in a museum!“

Die anderen 199 Prototypen, die existiert haben sollen, wurden, nach dem überraschenden Ende der Partnerschaft Nindendos und Sonys, auf der CES 1991 eingesammelt und vernichtet.

Ob doch noch Exemplare existieren ist unbekannt.

Ich will sowas auch!

Ich bin ein Kind der 80er, aufgewachsen in den 90ern – mit Euro Dance, dem Gameboy und einem, vom lange gesparten Taschengeld gekauften, Super Nintendo. Heute spiele ich Videospiele zwar meist auf der aktuellen PlayStation, aber im Herzen bin ich immer ein Nintendo-Kind geblieben. Deswegen sammle ich seit einigen Jahren Nintendo Konsolen und Spiele – meist aus der NES-Ära. Die Konsolen und Spiele, die man als Kind nur staunend im Schaufenster hat stehen sehen, oder die man mal im Kaufhaus an einer Display-Unit Probe spielen konnte.

NES Sammlung (Quelle: Eigenes Foto)
NES Sammlung [11]
NES Sammlung (Quelle: Eigenes Foto)
NES Sammlung [11]

Natürlich stolpert man so auch unweigerlich über solche Geschichten, wie die über das Super Nintendo CD-Addon. Als leidenschaftlicher „Bastler“ und Liebhaber von auch teils nischigen Nintendo Sammlerstücken, stand für mich fest: „Sowas brauche ich auch!“

Natürlich kann ich mir keinen echten, 300.000 $ teuren Prototypen leisten und ich kann so etwas auch nicht nachbauen; aber ich kann etwas bauen, was dem echten Super Nintendo CD-Addon so nahe wie möglich kommt und eine tatsächliche Funktion erfüllt.

Einige Monate zuvor hatte ich bereits einen „RGB-Nintoaster“ selbst gebaut und es war sowieso mal wieder Zeit für ein Bastelprojekt (mehr dazu findet Ihr auf meinem Instagram-Channel TheNESNerd).

Da das Super NES CD-Addon und die Nintendo PlayStation nie erschien, gibt es natürlich (außer dem fan-made Spiel „Super Boss Gaiden“) auch keine Spiele dafür. Den Namen „Nintendo PlayStation“ nahm ich mir aber zu Herzen und somit stand für mich fest, dass mein Addon PlayStation 1 Spiele abspielen können soll. Eine Nintendo Konsole , auf der man neben SNES-Spielen auch PlayStation-Spiele spielen kann – eine Nintendo PlayStation eben.

Die Anforderungen habe ich mir wie folgt gestellt:

  • Es soll ein Addon-Device für das Super Nintendo werden, das über den Extension Port auf der Unterseite betrieben wird.
  • Draufstecken, Einschalten und Losspielen soll möglich sein – also soll das Addon keine extra Strom-, Video-, oder Audiokabel benötigen.
  • Mit dem Addon sollen PlayStation 1 Spiele gespielt werden können.
  • PlayStation Memory Cards sollen verwendet werden können.
  • Das Super Nintendo soll weiterhin SNES-Cartridges abspielen können.
  • Für PlayStation-Spiele sind die L2 und R2 Tasten am Controller unabdingbar. Eine Lösung muss her.
  • Das Ding soll nicht wie eine Baustelle aussehen, sondern wie etwas, das „aus einem Guss“ wirkt.

Los geht’s!

Nintendo SatellaView
Das Nintendo SatellaView Modem [12]

Mit diesen selbst auferlegten Anforderungen auf der Agenda, ging es in die erste Planungs-Phase.
Der Letzte Punkt auf der Liste brachte mich direkt auf die Idee, nach existierenden Addons für das SNES zu recherchieren, die über den Extension-Port an der Unterseite des SNES mit diesem verbunden werden. Schließlich brauchte ich zum einen ein Spender-Gerät für den Extension-Port Adapter und zum anderen könnte ich vielleicht direkt ein ganzes Gehäuse eines Addon-Devices wiederverwerten.

Bei den Recherchen kam ganz schnell die Ernüchterung: Für das Super Nintendo gab es nur ein einziges Gerät, das überhaupt den Extension Port auf der Unterseite des Geräts verwendet: Das SatellaView – ein Modem für das SNES, das 1995 ausschließlich in Japan auf den Markt kam und mit dem man u.A. exklusiv von Nintendo releaste Spiele in den ROM-Speicher herunterladen konnte. Prominentestes Beispiel dafür ist BS Legend of Zelda, eine zeitlich begrenzt verfügbare, Fortführung der Zelda III – A Link to the Past Storyline.


Quasi auf gut Glück ersteigerte ich ein SatellaView – mindestens, um mir daraus den Ext-Port Adapter zu holen und – im Besten Fall – um auch das Gehäuse als Basis für mein CD-Addon zu verwenden.

Als das SatellaView ankam, zerlegte ich es direkt und schaute mir die Komponenten an. Auf der Hauptplatine fand ich das begehrte Gegenstück für den SNES Extension-Port, mit dem sich das SatellaView in das SNES klinkt und Daten über diese Schnittstelle austauscht. Da ich genau das auch machen muss – nämlich Strom, Audio- und Video-Daten zwischen dem SNES und dem Addon austauschen – schnitt ich mir den Stecker aus der Platine heraus. Entschuldige bitte, liebes SatellaView – ich weiß, das hast Du nicht verdient. 😟

Das Verbindungsstück zwischen meinem SNES und meiner PlayStation hatte ich also, und das Gehäuse des SatellaView bot so viel Platz, dass ich dort hinein hoffentlich meine komplette PS1würde bauen können. Somit würde auch nach Außen alles optisch stimmig wirken, denn das SatellaView sieht schon richtig gut aus unter dem SNES.

Wie soll das bloß alles passen?

Eine reguläre PS1 würde ich sicherlich nicht vernünftig in das SV-Gehäuse unterbringen können – alleine schon das integrierte Netzteil nimmt im Gehäuse der PS1 – das zudem größer ist als das des SNES – den gesamten Bereich links des CD-Laufwerks ein. Auch das Mainboard der PS1 ist nicht gerade klein… aber bei „klein“ fällt dem geneigten PS1-Spieler sicherlich direkt die passende Antwort ein: PSone!

Die PSone ist eine in der Bauform deutlich kleinere Version der PS1, die kurz vor Erscheinen der PlayStation 2 erschien und zudem über ein ausgelagertes Netzteil verfügt und um den breiten I/O-Port auf der Rückseite beschnitten wurde. In meiner Sammlung befand sich praktischerweise auch eine PSone, die nun direkt zerlegt und inspiziert wurde.

Die Platine der PSone würde – mit ein paar Anpassungen – ganz gut in das SV-Gehäuse passen und die Stromzufuhr soll später sowieso durch die Verbindung zum SNES erfolgen.

Make Contact

Okay – also die Technik der PSone würde ganz passabel untergebracht werden können. Auch für die Stromzufuhr hatte ich einen Plan. Zwar braucht das SNES 9V und die PSone 7.5V, aber dafür gibt es entsprechende Bauteile, die die Spannung anpassen und herunter regeln. Nun ging es aber daran zu ermitteln, wie sich SNES und PSone die Audio- und Videosignale teilen können, damit keine extra Kabel dafür an das Addon gesteckt werden müssen.
Darum hieß es jetzt : Multimeter anschalten und messen, an welchen Kontaktpunkten der PSone Platine diese Signale ausgegeben werden, damit ich sie hier abgreifen konnte.

Nachdem alles durchgemessen war, konnte ich damit beginnen, den Ext-Stecker mit den entsprechenden Kontaktpunkten zu verbinden und testete die Stromversorgung sowie die Bild- und Tonausgabe. Da das grundsätzlich SNES in der Lage ist, statt verwaschenem AV-Bild auch RGB-Signale auszugeben, entschied ich mich dafür, auch bei der PSone die RGB-Bildausgabe zu verwenden, um für beide Konsolen die bestmögliche Bildqualität zu bekommen. Stereo-Sound liefern beide Geräte sowieso ausschließlich – also war hier nichts weiter zu berücksichtigen.

Strom und Audio/Video hatte ich nun verbunden. Durch das Zusammenstecken des SNES und meines Addons teilen sich die beiden Geräte die Aus- bzw. Eingänge auf der SNES-Rückseite. Durch Einstecken des SNES-Netzteils erhalten beide Geräte Strom und durch Anschließen des Multi-Out Kabels können beide Geräte ihre Audio/Video-Signale an den TV ausgeben. Zeit, sich um eines der wichtigsten Features zu kümmern: Die Controller.

Volle Kontrolle

Da PS1-Spiele die R2 und L2-Tasten benötigen, wusste ich, dass ich mit den regulären SNES-Controllern nicht weit kommen würde. Entweder müsste ich den SNES-Controller um zwei Tasten erweitern, oder ich musste schauen, wie ich zusätzliche Anschlussmöglichkeiten für PS1-Controller schaffen könnte.

Beides machte aber bei intensiveren Überlegungen keinen Sinn. Es sollte „aus einem Guss“ wirken und wenn ich jetzt Controller anfing umzufrickeln oder weitere Controller-Ports verbauen würde, wäre das nichts, was zu meiner Grundidee passen würde. Aber was wäre, wenn ich PS1-Controller verwenden würde, die im Look und der Funktion passen würden? Dieser Idee ging ich nach und stieß bald auf das erste technische Problem: Die Arten, in denen SNES und PS1-Controller mit der Konsole Informationen austauschen, sind grundlegend unterschiedlich. Im Detail gehe ich hier nicht näher darauf ein, da dies zu weit führen würde, aber jedenfalls kann man nicht einfach einen SNES-Stecker an ein PS1-Pad löten und ist fertig. Die Signale müssen komplett „umformatiert“ werden.

Als ich mich mit den Controllern beschäftigte, kam mir – trotz aller Hürden – auch schon die nächste verrückte Idee: Was wäre, wenn ich nicht nur einen PS1-Controller an die Konsole anschließen könnte, sondern auch noch den Mehrwert des Controllers für SNES-Spiele nutzen könnte?

Der PS1 Analog Controller (der erste „Dual Shock“) hatte als erster PlayStation Controller Analog Sticks, die schon in ausgewählten PS1-Spielen unterstützt wurden (Crash Bandicoot 2 & 3, Gran Turismo, Spyro the Dragon, Need for Speed und einige andere) und wie wäre es, wenn man diese nun auch in F-Zero oder Zelda benutzen könnte?
Und die L2 und R2-Taste könnte man als Turbo-Tasten verwenden, die, wenn man sie zeitgleich mit einer anderen Taste drückt, dafür sorgt, dass diese Taste rapide gedrückt wird. So, wie man es von alten SNES Turbo-Controllern, wie dem ASCII-Pad kennt.

Das Ganze dann noch im Look & Feel des Super Nintendos und Form und Funktion wären genau so gegeben, wie ich es mir zur Aufgabe gemacht hatte.

SNES / PS1 Controller-Belegung
SNES / PS1 Controller-Belegung

Also ging es nun darum, die Belegung der Controller und jeweils die Gegenstellen der Konsolen zu analysieren und sich wieder Pläne zu machen und zu überlegen, die man die gewünschten Funktionsweisen umsetzen kann. Schließlich soll der Controller ja für beide Geräte funktionieren, abhängig davon, welchen „Betriebsmodus“ man gerade hat: Super Nintendo oder PSone. Hier gehe ich aber nachfolgend nicht zu sehr ins Detail, da ich keine komplette Do-It-Yourself-Anleitung schreiben möchte, sondern das Ganze ein doch halbwegs oberflächlicher Bericht bleiben soll. Wir wären sonst auch tief im Bereich der Elektrotechnik, die dann doch hier und da eher abschreckend als unterhaltsam wäre. 😅

Dealbreaker

Leider stellte ich fest, dass ich in keinem Fall drum herum kommen würde, doch dauerhafte Änderungen am SNES vorzunehmen. Genau das, was ich eigentlich nicht wollte. 😐

Aber da ich die PS1-Controller und auch die Memory Cards verwenden wollte, musste ich nun PlayStation Controller-Ports in das SNES einzubauen. Zwei Gründe gab es dafür: Zum Einen brauchte ich für die PS1-Controller 8 Datenleitungen (der SNES Controller-Port hat nur 7) und zum anderen brauchte ich auch die Einschübe für die Memory Cards – und die sähen nun einmal schöner aus, wenn sie direkt in die Konsole integriert wären.

Die PS1- Controller-Ports passten natürlich weder von ihren Haltepunkten her, noch von der Blende in irgendeiner Form in die Front des SNES. Also musste ein Eigenbau-Halter und eine -Blende her. Zum Glück hab ich in meinem Umfeld jemanden, der in Sachen 3D-Druck sehr bewandert ist und mir einen individuellen Halter samt Blende entworfen und als Prototyp gedruckt hat. Ein riesiges Dankeschön an dieser Stelle!

Branding

Nintendo PlayStation Logo
Mein „Nintendo PlayStation“ Logo

Die Controller funktionierten nun sowohl bei PSone- als auch bei SNES-Spielen, sahen aber immer noch aus, wie stinknormale PS-Controller. Da alles „aus einem Guss“ wirken sollte, musste nun ein eigenes Branding her: Für die Controller, für das Addon selbst und in Form von Geräte-Stickern für die Unterseite des Addons.

Es ging also an den Entwurf eines eigenen Logos, angelehnt an die bestehenden Markenlogos von SNES und PS1. Was lag also näher, als für eine Hybrid-Konsole auch ein Hybrid-Logo zu kreieren?

Ich nahm das PS1-Logo (was tatsächlich schon ähnlich zu Zeiten der Nintendo-Sony Kooperation entstand) und die rot-gelb-grün-blau Farbkombination des europäischen und japanischen SNES und entwarf daraus mein eigenes Nintendo PlayStation Logo. Per Laser- und 3D-Körperdruckverfahren fertigte ich mir so alles, was ich mir vorgestellt hatte. Auch die Buttons meiner Controller passte ich natürlich der neuen „CI“ an.

Leider lief beim Bedrucken der CD-Lade dann in der Druckerei etwas schief, sodass der Schriftzug keinen Abstand zum Logo links daneben hat, so wie auf dem Mockup oben zu sehen. Naja, was man nicht selbst macht…

Das Resultat

Nachdem Controller und CD-Lade vom Bedrucken zurückkamen, konnte ich endlich alles fertig montieren. Noch einige Kabel fertig verlegen und löten (z.B. von den Status-LEDs für SNES und Addon), die Sticker auf der Unterseite des Addons kleben, die Buttons in die Controller verbauen, die Controller-Port-Blende schleifen und lackieren und was sonst an Kleinkram noch zu tun war.

Specs

Jetzt ist die Konsole fertig und ich habe nach und nach noch kleinere Änderungen hier und da vorgenommen.
Die jetzigen Specs lauten wie folgt:

  • Das Addon ist komplett kabelfrei und muss nur unter das SNES gesteckt werden, um zu funktionieren.
  • Beide Konsolen liefern über den Multi-Out des SNES AV und RGB Video-Output sowie Stereo-Sound.
  • SNES und PS1-Spiele sind über die am SNES angeschlossenen Controller spielbar. Analog-Sticks werden für beide Geräte unterstützt (analogue-to-digital beim SNES).
  • Der Wechsel zwischen beiden Konsolen (Bild, Ton und Controller-Mapping) erfolgt einfach durch das Einstecken eines SNES-Spiels in den Cartridge-Slot.
  • Memory Cards werden unterstützt.
  • Beim Drücken des L2/R2 Buttons bei SNES Spielen wird eine Dauerfeuer-Funktion für den Button ausgelöst, der dann zusätzlich gedrückt wird.

In Action

Auf YouTube lade ich ab und an Videos von der Nintendo PlayStation hoch – hier könnt Ihr das gute Stück in Aktion sehen:

Was ich ausgelassen habe

Im Rahmen dieses Beitrags hier auf Videospielgeschichten habe ich – obwohl mir der Beitrag schon sehr lang vorkommt – natürlich einiges auslassen müssen.

Rückschläge, Defekte, Kreative Schöpfungspausen, das Warten auf Teile, etc. haben das ganze Projekt insgesamt ca. 3-4 Monate dauern lassen. Alles zu dokumentieren und in die Tiefen des „wie hast Du das gemacht?“ einzugehen, würde hier völlig den Rahmen sprengen und am Ende wahrscheinlich auch relativ langweilig werden. Zudem möchte ich auch einfach nicht alles bis ins kleinste Detail preisgeben und hier keine DYI-Anleitung für Jedermann schreiben – bitte seht mir das nach. 🤫

Natürlich beantworte ich gerne so viele Fragen wie möglich und freue mich auf einen regen Austausch mit Euch über die Kommentarfunktion. Auch Verbesserungsvorschläge, eigene Ideen und Kritik sind willkommen!

Sowas habe ich schonmal gesehen

Das kann sehr gut sein!

Es gibt ein fast identisches Projekt von einem südkoreanischen Sammler namens LastFantasy (Gamer LaFan), der anscheinend schon vor mir dieselbe Idee hatte. Auf sein Projekt bin ich allerdings erst aufmerksam gemacht worden, als ich die ersten Fotos und Videos meiner eigenen Konsole auf Instagram gepostet hatte.

LaFan hat sein Gerät von einem Retrokonsolen-Modder mit Nickname Solvalou bauen lassen. Technisch unterscheiden sich unsere Geräte in einigen Specs: Seine Konsole hat AV-Video + Stereo-Audio und per Druck auf das SNES-Logo auf der SNES schaltet die Konsole zwischen den Betriebsmodi um. Sie nutzt die regulären SNES-Controller – somit fehlen ihm leider in PS1-Spielen die L2und R2 Tasten – dafür sehen seine Controller natürlich viel mehr wie die des echten PlayStation Prototyps aus, was sehr cool ist. 🤩

Die PS1-Memory Cards sind bei ihm unten im Addon verbaut, wodurch sie nach außen nicht sichtbar sind.
Ich bin fasziniert davon, dass anscheinend noch jemand anderes so verrückt ist wie ich und dieses Projekt angegangen ist! 🍻

Ich will mehr davon!

Auf meinem Instagram-Channel findet Ihr weitere Fotos und Videos – auch vom Nintoaster – und alles rund um das Thema Videospiele- & Nintendo-Sammlung:

Instagram Icon TheNESNerd: https://www.instagram.com/the_nes_nerd/

[1] Dominic Arsenault: System Profile: Sony PlayStation. In: Mark J. P. Wolf (Hrsg.): The Video Game Explosion: A History from PONG to Playstation and Beyond. Greenwood Press, Westport 2008, ISBN 978-0-313-33868-7, S. 178–178 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
[2] John Woll: Nintendo PlayStation. Konsolen-Prototyp taucht nach 24 Jahren auf. – WinFuture. 5. Juli 2015, abgerufen am 10. Oktober 2019 – Quelle: https://winfuture.de/news,89739.html
[3] The world’s only known Nintendo PlayStation has sold for $300,000 [Updated] – arsTECHNICA – Quelle: https://arstechnica.com/gaming/2020/03/the-worlds-only-known-nintendo-playstation-could-be-yours-for-over-13000/
[4] Exclusive: Meet The Person Who Spent $360,000 To Own The ‚Nintendo PlayStation‘ Prototype – Forbes – Quelle: https://www.forbes.com/sites/mattperez/2020/03/07/exclusive-meet-the-person-who-spent-360000-to-own-the-nintendo-playstation-prototype/
[5] It took forever, but I finally got some pics of my dad’s super disc – Reddit, analogueboy – Quelle: https://www.reddit.com/r/gaming/comments/3bwyj0/it_took_forever_but_i_finally_got_some_pics_of_my/
[6] Super Nintendo Entertainment System – Wikipedia.org – Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Super_Nintendo_Entertainment_System
[7] PlayStation – Wikipedia.org – Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/PlayStation
[8] Nintendo PlayStation – Wikipedia.org – Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Nintendo_PlayStation
[9] It took forever, but I finally got some pics of my dad’s super disc – Reddit.com – Quelle: https://np.reddit.com/r/gaming/comments/3bwyj0/it_took_forever_but_i_finally_got_some_pics_of_my/
[10] THE NINTENDO PLAYSTATION – The Nasty Divorce of Nintendo & Sony !!! – A Gaming History Documentary – Youtube.com – Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=TTfR62q2s9c
[11] TheNESNerd – Instagram.com – Quelle: instagram.com/the_nes_nerd/
[12] Zubehör zum Super Nintendo Entertainment System – Wikipedia.org – Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Zubeh%C3%B6r_zum_Super_Nintendo_Entertainment_System#Satellaview_(BS-X)

LordJohn75TobiAlexander StrellenAndré Eymann

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7 Antworten zu „Die Nintendo PlayStation – es gab sie nie offiziell, also habe ich mir eine gebaut“

  1. Avatar von Flyi Da Cool Guy

    NES Nerd, I actually have one of these Nintendo PlayStation units in classic form. I would love to share with you the device I have. It is very similar to what you built, except I did not build mine and wish I knew who did. One day I plan to make a YouTube video about my Nintendo PlayStation (Classic) that was given to me after a death in the family.

    Here is my Instagram if you want to see photos.
    https://www.instagram.com/p/CM3dxN0g4Xx/?igsh=dHFnMWh5dWpub2c=

    I plan and intend to release a video for it on my YouTube channel here
    https://www.youtube.com/@FlyiDCG

  2. Avatar von Rob

    Sehr cooles Projekt! Ich bin immer neidisch, wenn ich solche Bastelaktionen sehe, weil mir dafür völlig das Wissen und vermutlich auch das handwerkliche Talent fehlt. Leider hast du das für mich persönlich interessanteste Detail ausgelassen. Vielleicht soll das ja eines dieser Geheimnisse bleiben, aber wie hast du das Teil denn in ein Slider-Laufwerk verwandelt?

    1. Avatar von TheNESNerd

      Hi Rob,
      danke für den netten Kommentar 🙂
      ich hatte anfangs mit einem Laufwerk einer PS2 (Fat) experimentiert, das eine Lade hat und PS1-CDs lesen kann. Allerdings war es platztechnisch nicht zu machen, die ganze Mechanik im Gehäuse unter zu bekommen.
      So habe ich aus der Not eine Tugend gemacht und einen SD Loader verbaut.
      Die CD-Lade ist natürlich der Optik halber geblieben.
      LG 🙂

      1. Avatar von Florian Auer

        Achso, das heißt die PS1-Spiele kommen von SD-Karte? Machts nicht weniger beeindruckend, aber wo hast du dann die SD Karten / den Slot versteckt? 🙂

        1. Avatar von TheNESNerd

          Das Satellaview hat ab Werk eine Klappe, die man öffnen kann. Direkt darunter befindet sich, griffbereit, die SD Karte. Somit ist sie von außen nicht sichtbar.

  3. Avatar von Florian Auer

    Als Kind der 80er, der in den 90ern seine ersten Konsolen-Erfahrungen gemacht hat (hab mir mein SNES als Elfjähriger 1992 vom Taschengeld erspart) ist das Ding der Traum, den ich mir damals nicht zu Träumen erhofft hatte.

    Dieses Gerät lässt gleich die Gedanken schwirren was hätte sein können.

    Ganz tolle Umsetzung!

    1. Avatar von TheNESNerd

      Vielen Dank für die netten Worte 🙂
      Eigentlich muss man froh sein, dass Nintendo und Sony sich am Ende doch nicht zusammengetan haben, sonst wäre uns die Playstation, wie wir sie heute kennen, verwehrt geblieben und Konkurrenz belebt, für uns Konsumenten, das Geschäft am Besten 🙂