Spieltitel von "Hunt the Wumpus" in dem Artikel von Creative Computing, 1974.

Wumpusjagd – die erste Game Map der Videospielgeschichte

Avatar von Nele Abels

[Bilbo] was getting excited and interested again, so that he forgot to keep his mouth shut. He loved maps, and in his hall there hung a large one of the Country Round with all his favourite walks marked on it in red ink.

J.R.R. Tolkien, The Hobbit (1937), p.19.

Im ersten Abschnitt des Fantasy-Klassikers The Hobbit. Or There and Back Again nisten sich die Zwerge um Thorin Eichenschild beim Hobbit Bilbo Baggins ein, den Gandalf der Zauberer als „Meisterdieb“ vermitteln will.

Sie betrachten die Landkarte des Zwergen Thror, des Vaters von Thorin, die sie quer durch Mittelerde, durch den Finsterwald und über die Nebelberge hinweg zum Einsamen Berg, jenseits der Stadt am Langen See führen soll. Denn dort liegt Smaug der Drache auf seinem Hort, den er den Zwergen geraubt hat, inmitten des Königreiches, das Thorin als Erbe zurückerobern will.

Die Landkarte, ihre versteckten Hinweise und die Begeisterung Bilbos für die Entdeckung des Unbekannten sind ein Leitmotiv nicht nur des Hobbits sondern auch des Herrn der Ringe, des großen Erzählungskreises, in den diese Geschichte gehört.

Thrors Karte (The Hobbit, p.4)
Thrors Karte (The Hobbit, p.4)

Und es ist nicht von ungefähr, dass nicht nur den Ausgaben dieser Erzählungen ausklappbare Landkarten aus der Feder Tolkiens beigefügt waren sondern dass auch in den vielen, vielen Romanen oder „Choose your own Adventure“-Büchern der Fantasywelle der 70er und 80er Jahre Landkarten anscheinend unverzichtbar waren.

Terry Brooks‘ The Sword of Shannara (1977) und Joe Devers Lone Wolf-Spielebücher (ab 1984) fallen mir dabei spontan ein.  Aber literaturhistorisch war J.R.R. Tolkien nicht der erste Autor, für den die Karte das bindende Element seiner erdachten Welt war.

Robert Louis Stevensons Piratenroman Treasure Island, Die Schatzinsel , (1882) war eine Karte beigefügt, auf der die Golddublonen Captain Flints eingezeichnet sind. Die Utopia des Thomas Morus enthielt schon 1516 die Darstellung der Insel als Holzschnitt. Ab dem Mittelalter waren in den unbekannten Bereichen der Welt fremdartige Fabelwesen wie Kopffüßler oder Einhörner eingezeichnet, die Seeungeheuer blieben auf den Seekarten bis ins 17. Jahrhundert.

Die Aufzeichnung des unentdeckten Digitallandes

Karten und die Erforschung des Unbekannten beflügeln den Menschen – in seinen Erzählungen will er die Grenzen des Bekannten immer weiter hinausschieben oder, wenn das nicht möglich ist, durch seine Fantasie ersetzen.

Was für ein wunderbares Vehikel sind dafür Landkarten; und wie viele Kinder haben spielerisch ihre Traumwelten gezeichnet, inklusive der finsteren Burgruinen in denen gefährliche Drachen oder hinterhältige Zaubermeister lauern?

Und nicht nur Kinder – das Kartenzeichnen gehört zum traditionellen Pen and Paper-Rollenspiel genau so wie zu Computerspielen. Natürlich ist heutzutage die Entdeckung der Welt Teil jeden Open World-Settings, egal, ob in Assassin’s Creed die Stadt Florenz erkundet werden will oder ob Arthur Morgan die Berge und Ebenen des Wilden Westens in Red Dead Redemption II durchreitet. Und es ist immer noch die gleiche, alte Faszination: was gibt es noch zu entdecken, welche Wunder zu schauen, welche Geheimnisse zu enthüllen?

Heutzutage wird in Games allerdings nicht mehr selbst kartographiert, die mühsame Arbeit übernimmt der Computer, der im Spielverlauf Stück für Stück zuvor ausgegraute Kartenbereiche sichtbar macht und entdeckte Sehenswürdigkeiten einträgt.

Früher war das anders. Computerspielen war immer kartographieren; penible Zeichnungen der Dungeons in der Ultima-Reihe, in Bard’s Tale und Wizardry. Komplizierte Netzwerke von Räumen und Linien mit vielfältigen Anmerkungen und Hinweisen auf Gefahren und Geheimnisse.

Die Gattung der Interactive Fiction, die man damals noch „Textadventures“ nannte, kam ohne Kartenzeichnen nicht aus. Man hätte sich sofort in den komplizierten, oft nicht logisch aufgebauten Raumlabyrinthen von Zork et al. verloren. Spielerinnen und Spieler zeichneten ihre eigenen Karten, tauschten sie untereinander oder fanden sie in den Zeiten vor dem Internet abgedruckt in Computerspielmagazinen.

Wann fing das Kartenzeichnen in Computerspielen an?

Wie viele andere Ursprünge der Computerspielgeschichte auch lässt sich der Anfang des Kartenzeichnens in Games mit einer Person und einem kleinen Basic-Programm Anfang der 70er Jahre verorten, in diesem Fall Hunt the Wumpus von Gregory Yob (1973).

Dieses Spiel entstand an einem ganz bestimmten Moment der Geschichte, der eine Gruppe von Menschen mit einer ganz besonderen Mentalität und Haltung zur damals neuen Computertechnologie zusammenführte.

Gregory Yob (1945-2005)
Gregory Yob (1945-2005)

Die „People’s Computer Community„, die für sich genommen eigentlich einen Artikel wert wäre, war eine US-amerikanische Grasroots-Bewegung, die sich zum Ziel gesetzt hatte, Computerwissen an die breite Masse zu vermitteln. Sie wollte, dass der Zugang zu Computern nicht mehr nur einer privilegierten Minderheit an Universitäten gewährt war und dass der Umgang mit Computern nicht mehr de facto geheimes Herrschaftswissen einiger weniger war.

Unter den Begründern und frühen Mitgliedern dieser Organisation waren  Highschool-Lehrerinnen und -Lehrer, denen es gelang, frühe Multiuser-Systeme zu ergattern, mit denen sie in öffentliche Gemeinderäume gingen und einem interessierten, vornehmlich jungen Publikum Zugang zu den exotischen – und teuren! – Maschinen ermöglichte.

Die Community war einer der Gründe für die Popularisierung der BASIC-Programmiersprache, die in den 80ern untrennbar mit dem Aufstieg der Heimcomputer verbunden war.

Illustration aus People's Computer Company, v.1 n.1 (1972).
Illustration aus People’s Computer Company, v.1 n.1 (1972).

Yob war Mitglied einer dieser Gruppen und beschrieb 1974 in einem Artikel in der Zeitschrift „Creative Computing“, wie es zur Geburt von Hunt the Wumpus kam:

Vor zwei Jahren [1972] ging ich bei der People’s Computer Company (PCC) vorbei und sah mir einige ihrer Computerspiele an – so wie Hurkle, Snark und Mugwump. Meine Reaktion war „EEECH!“ Jedes dieser Spiele basierte auf einem 10 mal 10 Felder großen kartesianischen Gitter und drei Stück davon waren mir zu viel. Ich fing an nachzudenken, so ungefähr im Sinn von ‚Man muss doch irgendwie ein Versteck-dich-Spiel ohne dieses #*%*! Gitter machen können!‘ Warum eigentlich nicht ein topologisches Computerspiel – stell dir eine Menge Punkten vor, die irgendwie miteinander verbunden sind, und der Spieler bewegt sich über die Verbindungen durch diese Menge.

The Best of Creative Computing, vol. 1, p. 247. (1974)

Am gleichen Tag sei ihm nach einem Nachmittag der Meditation der Titel des Spieles gekommen – „Hunt the Wumpus“ oder „Die Jagd nach dem Wumpus“ – wenngleich er auch nach zwei Jahren noch keine genaue Vorstellung davon hätte, wie ein Wumpus aussehe.

Der Spieler ist auf der Jagd, er durchsucht auf der Suche nach dem unvorstellbaren Ungeheuer ein weitläufiges Höhlensystem.

Doch er muss sich in Acht nehmen! Ein Wumpus ist nicht ungefährlich – er schläft zwar gerne in einer kuscheligen Ecke seiner Höhle, aber wenn man unvermutet hereinpoltert und ihn stört, kann es zu lebensbedrohlichen Folgen kommen. Und auch andere Gefahren lauern im Höhlensystem. Es gibt tiefe Löcher, in die der Jäger im Dunkeln stürzen kann.

Und eine Spezies von gigantischen Fledermäusen, die einen zwar nicht verschlingen, aber sich einen Spaß daraus zu machen, den Spieler zu greifen und unter lautem Fiepsen an einer zufälligen anderen Stelle des Höhlensystems wieder abzuwerfen. Doch zum Glück kann man diese Laute bei der vorsichtigen Erforschung der Gänge aus benachbarten Höhlenräumen hören und den Luftzug der abgrundtiefen Löcher spüren. 

What do you do after you hit return?, p.63. (1975)
What do you do after you hit return?, p.63. (1975)

Weil der Wumpus ein gefährliches Untier ist, gibt es nur eine Art ihn zu erlegen, man muss ihn mit Pfeil und Bogen aus der Ferne niederstrecken! Glücklicherweise sind die Pfeile im Spiel nicht die primitiven angespitzten Stöcke, die wir kennen und die nur geradeaus fliegen können.

Es handelt sich dabei um eine Art programmierte Lenkwaffen, denen man vorher mitteilt, in welchen Kurven und Windungen sie durch die Höhlengänge sausen sollen. Das erhöht die Chance, den Wumpus zu treffen, aber wenn man nicht aufpasst, endet der Pfeil eventuell im eigenen Allerwertesten, was die Jagdfreude endgültig vermindert…

Eine mathematische Spielwelt

Was meinte Yob nun mit einem „topologischen Computerspiel“ und was störte ihn an den „kartesianischen Gittern“? Letztere sind nichts anderes eine zweidimensionale Tabellen, in die Daten eingetragen werden können.

Ein klassisches Spiel mit einem kartesianischen Gitter, das wir wahrscheinlich alle kennen, ist „Schiffe versenken“, wo jedes einzelne Feld entweder von einem Teil eines Schiffsrumpfes besetzt ist oder Wasser repräsentiert.  Ein anderes das Schachspiel, bei dem die Felder von unterschiedlichen Spielfiguren besetzt sind.

In Programmiersprachen wie BASIC, in denen solche Felder durch den Datentyp Array abgebildet werden, ist es sehr einfach, kartesianische Gitter zu verwalten – die Variable a(4,5) repräsentiert den Inhalt des Feldes an den Koordinaten (4,5), mit Schleifen und Zählervariablen lassen sich die Daten gut verwalten. Das ist sicherlich bequem für die Programmierer, aber nicht so sonderlich interessant für Spieler. Die Landschaft eines Schachbrettes ist nicht wirklich spannend.

Die Topologie ist in der Mathematik die Lehre von der Lage und Anordnung geometrischer Körper im Raum. Ein Knoten ist mit seinen Schleifen und Windungen ein typisches topologisches Objekt.

Und worum es Yob ging, war, dass das Spielfeld dadurch interessanter wurde, dass es nicht mehr eine platte Fläche war, auf der man sich nur in vier Richtungen bewegen konnte, sondern ein Netzwerk, das nicht leicht überschaut werden konnte und das Möglichkeiten zu taktisch überlegten Bewegungen bot. Yobs geometrischer Lieblingskörper war zu dieser Zeit der Dodekaeder, den die Pen-and-Paper-Rollenspieler unter uns als zwölfseitigen Würfel kennen.

Ein zwölfseitiger Würfel, wie er z.B. in D&D verwendet wird. (Wikimedia)
Ein zwölfseitiger Würfel, wie er z.B. in D&D verwendet wird. (Wikimedia)

Diesen dreidimensionalen Körper nahm Yob zur Abbildung seines Höhlensystems, in dem jede der 20 Ecken einen Raum darstellt, der jeweils drei Ausgänge zu drei anderen Räumen hat. So entsteht eine komplexere Spielwelt als ein Schachbrett und über das Userinterface des Spiels wird den Spielern das Gefühl vermittelt, dass sie sich innerhalb eines Systems von Räumen befinden, in dem sie sehr vorsichtig ihren Weg ertasten müssen.

Das ist es ein ganz anderes Spielgefühl als der Blick „von oben“ auf das Schachbrett oder auf Meer bei „Schiffe versenken“, auf dem man die Flotte des Gegners aufspüren muss. Was hier vorweggenommen wurde ist die Perspektive, die in den späteren Textadventures normal wurde, die Kombination aus einem Ort, an dem man sich befindet, und den Wegmöglichkeiten zu anderen Orten, die er bietet.

Hier ist die Spielwelt noch eine sehr einfache geometrische Figur, die sich in den Textadventures dann in beliebige Wegenetze wandelt, die völlig frei nach der Vorstellung der Programmierer entworfen werden sein können.  Die Codierung eines solchen Wegenetzes ist in beiden Fällen die gleiche:

Auszug aus dem Originalprogramm. (The Best of Creative Computing, vol. 1, p. 250.)
Auszug aus dem Originalprogramm. (The Best of Creative Computing, vol. 1, p. 250.)

In diesem Programmausschnitt von Wumpus erkennt man, dass jedem der zwanzig Räume im Array S drei Ausgänge zugeordnet sind, die mit Schleifen aus den Data-Zeilen geladen werden.

Raum 1 hat also Ausgänge in die Räume 2, 5, 8. Das ist haargenau die Art und Weise, wie in allen frühen BASIC-Textadventures die Spielkarte generiert wurde, auf der die traditionellen Ausgänge nach Norden, Süden, Osten und Westen in einem zweidimensionalen Array für jeden Raum abgebildet wurden.

Netterweise sind die Wege in „Wumpus“ fest verdrahtet und nicht zufallsgeneriert, was Yob damit begründet, dass engagierte Spieler die Zusammenhänge erkennen und zur Grundlage ihrer Strategie machen könnten. In der Tat funktioniert das auch und macht das Spiel gewinnbar.

Gedacht war eine sorgfältige Strategie…

Yob beschreibt in dem Begleittext zum Listing von „Wumpus“, das in Best of Creative Computing 1 (1976) abgedruckt wurde, welche möglichen Lösungsstrategien er für das Spiel sah. Für ihn stand von Anfang an die systematische Erforschung des Höhlensystems im Vordergrund:

Meine grundsätzliche Idee zu dieser Zeit [als Yob das Spiel programmierte, N.A.] war, dass der Spieler sich dem Wumpus näherte, sich dann wieder zurückzog und dann um den Dodekahedron herum wieder auf ihn los ging. Meines Wissens ist das niemals geschehen… die meisten Spieler verfolgen eher andere Strategien als diesen kaltblütigen Ansatz.

The Best of Creative Computing, vol. 1, p. 247.

Leider demonstriert Yob seine Strategie nicht am praktischen Beispiel, ebenso wenig wie die Vorgehensweise der anderen Spieler. Als ich das Spiel als Kind kennenlernte, hatte ich überhaupt keine Strategie. Ich torkelte mehr oder weniger orientierungslos durch die Höhlen, fiel nichtsahnend in die Löcher oder wurde von Fledermäusen davongetragen. Fand ich jemals einen Wumpus, ohne von ihm aufgefressen zu werden? Ich weiß es nicht mehr; Fool of a Took… 

Der lange Weg zum Spiel oder „Der Fluch der Basicprogramme“…

Spielen wir doch einfach mal eine Runde „Wumpus“, so wie Yob es sich vor einem halben Jahrhundert vorgestellt hat, nämlich ohne Rumprobieren und mit einer klaren Strategie.

Für mich hat sich dabei zuerst die Frage nach der geeigneten Plattform gestellt. Dank Emulatoren und Internet ist es ja heute weder ein Problem, die passenden Programme zum Download zu finden, noch passende Softwareemulationen alter Systeme.

Wumpus-Adaptionen gibt es wie Sand am Meer, die meisten sind jedoch mehr oder weniger verändert worden, teilweise sogar zu dem von Yob verachteten kartesianischen Spielfeld in der Version auf dem TI-99/4a oder in grafischer 3D-Umsetzung, was ja nun überhaupt nicht passt. 

Mein Ziel war ein möglichst authentisches Spielerlebnis, deshalb tippte ich das Originallisting aus dem Artikel in der Creative Computing in GW-Basic auf der DOSBox ab. In anderen Worten, ich verwendete auf einem MacBook des 21. Jahrhunderts einen Emulator eines dreißig Jahre alten Betriebssystems, um in einem vierzig Jahre alten Basicdialekt ein fünfzig Jahre altes Computerspiel zum Leben zu erwecken. Computerarchäologie ist schon ein seltsames Hobby.

Wie jeder weiß, der in den 80ern vor der hakeligen Tastatur seines Heimcomputers gesessen und die schwer leserlich abgedruckten Listings aus Computerzeitschriften „in den Rechner gehackt“ hat, ist die Eingabe von solchen Programmen eine mühselige und fehlerträchtige Angelegenheit.

Ein Buchstabenverdreher in den Variablen? Eine falsche Zahl oder ein fehlendes Komma? Wir brauchen uns nicht einbilden, dass da irgendein Debugger einer IDE mit hilfreichen Farbmarkierungen oder klaren Fehlerangaben hilfreich eingesprungen wäre.

Und ein bequemer Bildschirmeditor mit dem man den Sourcecode auch über den Bildschirminhalt hinaus scrollen kann? Wir hatten ja nichts, unsere Computer liefen mit Kohle und mussten im Winter vorgeheizt werden! Was es dagegen reichlich gab, war Spaghetti-Code mit unzähligen GOTOs und schauerlichen Verbrechen, wie dem Sprung aus einer Schleife, ohne sie vorher ordnungsgemäß abzuschließen, was Yob gleich mehrfach beging. Anscheinend wusste er nicht, was ein Stack ist… 

Programmsprünge allein schon im Code für den Pfeilschuss...
Programmsprünge allein schon im Code für den Pfeilschuss…

Aber sei es drum – in der guten alten Zeit war das mühselige Abtippen ja ein wesentlicher Teil des Spielspaßes und bei der Fehlersuche das Programm zu analysieren und zu verstehen brachte fast mehr Vergnügen, als es dann tatsächlich zu spielen.

Nach einer Weile habe ich Hunt the Wumpus zum Laufen gebracht und konnte es endlich selber durchspielen, wie es gedacht war.

Papier und Bleistift in elektronischer Variante gezückt

Nun geht es aber wirklich los mit dem Spielerlebnis von 1973. Nun ja, nicht ganz, denn zu Yobs Zeit hätte man keinen Bildschirm gehabt sondern die Interaktion mit dem Computer wäre über einen Fernschreiber der Marke Teletype Model 33 (inklusive Lochstreifen!) gelaufen und man hätte sich seine Notizen mit Papier und Stift gemacht.

Ich mache es mir da etwas bequemer und lasse das Programm auf dem Computerbildschirm laufen und benutze für die Karte iPad und Apple-Pen. Look und Feel des Basicprogramms sind allerdings so wie von Yob vorgesehen. (Einen – etwas verschnupften – Videomitschnitt des fünf Minuten dauernden Spiels habe ich auf Youtube gestellt.)

Das geht ja gut los! Wo sind die Fledermäuse?
Das geht ja gut los! Wo sind die Fledermäuse?

Von atmosphärischer Beschreibung oder gar multimedialer Ambience-Ausstattung, wie wir es als Spieler in der heutigen verwöhnten Zeit erwarten, ist da natürlich nichts zu sehen. Das muss man sich alles selber vorstellen.

Aber wir haben Informationen. Ich sehe die Ausgänge des Raums 3 und ich erfahre, dass in der Nähe Fledermäuse lauern, die mich ja ergreifen und zufällig irgendwo im Labyrinth wieder absetzen können.

Vielleicht sogar im Nest des Wumpus oder über einer bodenlosen Fallgrube. Also zeichne ich den Anfang des Wegenetzes und schreibe an alle Räume ein kleines „B“, in dem Fledermäuse lauern können. 

In die erste Falle getappt…

Ohne Informationen kann ich nur blindlings in einen der Gänge stolpern und mit einer Chance von 1:3 auf Fledermäuse stoßen. Immerhin habe ich mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht das Risiko schon im ersten Spielzug zu sterben, denn nur ein zufälliger Abwurf über einem Loch (Chance 2:18) oder über einem Wumpus (Chance 1:18, wenn er bei 1:4 im Raum bleibt) bedeuten mein Ende. Auf gut Glück entscheide ich mich für den Ausgang nach Raum 2…

Verdammte Blutsauger!
Verdammte Blutsauger!

…und erwische prompt den Raum mit den Fledermäusen, die mich in den Raum 10 tragen. Aber weiter passiert nichts, Glück gehabt. Und ich habe jetzt Informationen – ich weiß mit Sicherheit, dass die Fledermäuse in Raum 2 sind, und kann ihn Zukunft vermeiden, und weiß darüber hinaus, dass die Räume 12 und 4 sicher sind. Ich markiere meine Karte entsprechend. 

Ich muss allerdings weiter aufpassen, denn die Warnung vor Fledermäusen steht da weiterhin. Das könnte sich natürlich auf Raum 2 beziehen, da in dem Labyrinth aber zwei Räume mit Fledermäusen angelegt sind, besteht für die Räume 11 und 9 jeweils eine Chance von 1:13, dass ich erneut davon getragen werde. (1:13 deshalb, weil ich den Inhalt von sieben Räumen schon kenne.)

Das ist kein großes Risiko, aber für ein strategisch kluges Spiel sollte man die Wahrscheinlichkeit berücksichtigen und die Möglichkeit in der Karte vermerken. Auf gut Glück geht es weiter nach Raum 11.

Immerhin ein etwas besserer Überblick
Immerhin ein etwas besserer Überblick

Nichts passiert. Auf der Karte kann ich jetzt den Warnhinweis bei Raum 11 entfernen und die neuen Ausgänge eintragen. (Man kann übrigens mit etwas Phantasie schon die Form eines Dodekaeders erkennen, den man von unten oder von oben betrachtet.) Der Warnhinweis bei Raum 9 bleibt stehen – dort könnten ja immer noch Fledermäuse lauern. 

Die erste Spur des Wumpus!

Ich beschließe, die Erforschung der Höhle vom Ausgangspunkt aus fortzusetzen und nehme den sicheren Weg durch die Räume 12 und 3 bis nach Raum 4. Und dort habe ich die Witterung meiner Jagdbeute – ein Wumpus!

Diesen stechenden Geruch kenne ich doch...
Diesen stechenden Geruch kenne ich doch…

Noch riskiere ich keinen Schuss, denn der Wumpus könnte in Raum 14 oder in Raum 5 lauern. Wenn ich ihn mit der Wahrscheinlichkeit von 1:2 verfehle, könnte ich ihn eventuell aufscheuchen und müsste ihn dann mühselig neu aufspüren. Oder er kommt in meine Höhle und frisst mich eventuell auf!

Das Risiko ist zu groß, ich beschließe, weiter durch das Labyrinth zu schleichen und mehr Hinweise auf seinen genauen Aufenthaltsort zu sammeln. 

Das Netz zieht sich zu…

Meinen Weg nehme ich wieder über die sichere Route 3 und 12 nach Raum 13, der oben in der Karte fehlt, weil ich ihn in der nervenaufreibenden Spannung des Spiels einzutragen vergessen habe. Und jetzt kommt der Durchbruch: 

Gefunden!
Gefunden!

Erneut nehme ich die Witterung des Wumpus auf. Und da es nur einen Wumpus im Höhlensystem gibt, habe ich jetzt Gewissheit. Das Untier kann weder in Raum 5 noch in Raum 20 sein sondern muss sich in Raum 14 befinden. Es gibt logisch keine andere Möglichkeit.

Ich kann also meinen Pfeil ohne Risiko und mit 100% Trefferwahrscheinlichkeit abschießen und erlege den Wumpus erwartungsgemäß:

Viel Lob gibt es nicht...
Viel Lob gibt es nicht…

Wie in Spielen dieser Zeit üblich wird das Resultat in kargen Worten gegeben. Weder wird ein „Wumpus tot“ noch ein „Halali“ geblasen. Fast könnte man allerdings eine gewisse Häme zwischen den Zeilen lesen, etwa so, als ob das Programm selber überrascht wäre, dass der Spieler gewonnen hat. Aber das soll uns nicht stören, denn wir wissen, dass uns der Sieg aufgrund unserer überlegenen Strategie gewiss war…

Wenn gewünscht lässt sich das Spiel mit der gleichen Verteilung von Fallgruben, Fledermäusen und Wumpus nachspielen. Man kann so eventuelle Spielfehler nachvollziehen und überprüfen, ob die eigenen Vermutungen bei der Erkundung richtig lag. Oder der Wumpus, die Fallgruben und die Fledermäuse werden erneut im Höhlensystem verteilt.

Wie hält sich ein Computerspiel nach fünfzig Jahren?

Wie ist „Hunt the Wumpus“ gealtert? Hat es heute überhaupt noch einen spielerischen Wert? Ursprünglich bin ich aus eher narratologischem Interesse an das Programm herangegangen – wegen seines Wertes als wichtiger Schritt in der Entwicklung interaktiven Erzählens, als der es allgemein angesehen wird. Wie das Spiel als erstes eine Spielwelt als erforschbare Karte definiert, habe ich beschrieben.

Andere Kommentatoren lesen „Wumpus“ als den ersten Vertreter des Horror-Survival-Genres, eine Einschätzung, die ich nur bedingt teile, denn der Fokus der Interaktion im Spiel liegt nicht beim Grusel. Unstrittig ist aber, dass Wumpus eine entscheidende Rolle als Präform der textbasierten Interactive Fiction spielt.

Das ursprüngliche Textadventure Advent, bzw. Colossal Cave Adventure von Will Crowther (1976) vereint die Idee der Erforschung eines vernetzten Systems von Räumen aus Wumpus mit einer Dialogsimulation in natürlicher Sprache, wie sie von Eliza (1966), einer „virtuellen Psychiaterin“, und SHRDLU (1970), das die Manipulation von Objekten mit Sprachbefehlen simulierte, vorgemacht worden war.

Allein schon deshalb verdient Yobs Spiel eine Würdigung noch im Jahr 2023.

Außerdem habe ich beim Experimentieren mit Wumpus festgestellt, dass das Spiel tatsächlich immer noch Spaß macht. Obwohl es nur ca. 300 Programmzeilen in wenig dichtem Basic-Code umfasst, gelingt es Yobs Programm, spielerische Tiefe zu erzeugen.

Eine gute Strategie und sorgfältige Überlegungen machen das Spiel gewinnbar und Zufallsfaktoren sind zwar spielrelevant aber nicht alles bestimmend, so wie in vielen anderen Games dieser Zeit.

Auch für heutige Spielerinnen und Spieler lohnt sich noch ein Blick auf das Programm und es kann für einige Runden „Casual Gamings“ unterhaltend sein – sofern man zufällig Papier und Bleistift parat hat. Wer Hunt the Wumpus ausprobieren möchte, kann es am einfachsten über eine Online-Variante tun, die dem Originalspiel wohl am nächsten kommt.

Wie ging es weiter?

Gregory Yob entwickelte noch eine Fortsetzung seines Spiels, die einige andere Formen von Höhlensystemen anbot, sich aber konzeptuell wenig von seiner Originalidee unterschied.

Nachdem er den Meilenstein von Wumpus gesetzt hatte, trat er aber nicht mehr als Spielenetwickler in Erscheinung sondern lebte ein Hippie-Leben auf der Suche nach philosophischer Erleuchtung, nannte sich augenzwinkernd einen „Neo-Neuro-Cyber-Schamanen“ und war unter dem Namen „Hara Ra“ bekannt.

2005 starb er, nachdem er zuvor verfügt hatte, seinen Körper kryogenisch einzufrieren, in der Hoffnung irgendwann wiederbelebt zu werden, wenn die Medizin für ihn hilfreiche Heilungsverfahren entwickelt hat.

„Hunt the Wumpus“ fand noch eine kommerzielle Bedeutung als Cartridge für den hierzulande relativ unbekannten 8-Bit Computer TI99/4A.

Cover der Cartridge-Version für den Ti99/4a (1981)
Cover der Cartridge-Version für den Ti99/4a (1981)

Diese Version gab das Konzept eines Dodekaeders zugunsten eines kartesianischen Netzwerkes auf, das sich zwar grafisch gut auf dem Bildschirm darstellen lässt, was aber gegenüber der originalen Idee Yobs dem Spiel meiner Meinung nach viel von seinem Charme nimmt.

Wie es leider oft Praxis in der Wildwest-Ära der Computergeschichte war, wird Gregory Yob als Spieldesigner auch noch einfach unterschlagen und in der Anleitung nicht genannt.

Heute gibt es, wie gesagt, zahllose Adaptionen und Variationen – auch ich habe eine Version in Python als Fingerübung geschrieben. Ein Lösungsalgorithmus für das Spiel ist letztendlich ein Szenario in der KI-Programmierung

„Hunt the Wumpus“ – ein kleines Programm mit einer großen Wirkung. Über Jahrzehnte.

Alexander StrellenWumpusAndré EymannTobiStephan Ricken

Avatar von Nele Abels

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15 Antworten zu „Wumpusjagd – die erste Game Map der Videospielgeschichte“

  1. Avatar von Jonas
    Jonas

    Toller Artikel, danke!

  2. Avatar von Dennis Gerecke

    Wirklich erstaunlich, wie du ein altes Spiel mit einem emulierten Betriebssystem zum Laufen gebracht hast. Ich habe einmal versucht, mit einer virtuellen Maschine den ersten Far Cry fehlerfrei abzuspielen. Leider fehlten der Windows XP-Maschine die nötigen Grafiktreiber. Deshalb konnte ich das Spiel nicht einmal starten. Eventuell würde eine Windows 7-Emulation funktionieren. Mit diesem Betriebssystem habe ich Far Cry das letzte Mal problemlos, in schöner Optik spielen können.

    Nele AbelsFranz Zwerschina
    1. Avatar von Nele Abels

      Virtuelle Maschinen und Emulation sind für mich sehr einfach, da ich mich weniger für so einen neumodischen Kram wie „Far Cry 1“ interessiere sondern für 8-Bit Homecomputer der frühen 80er. Für die gibt es viele Emulatoren auch als Opensource auf allen möglichen Plattformen. Und Disk- und Romimages als Raubkopie…, ähem, „Abandonware“ in den Zigtausenden. Retrograming ist wirklich einfach und billig – sogar simple Hardware, um alte Software per SD auf der originalen Hardware verfügbar zu machen, ist für kleines Geld zu haben.

      Meistens Computer ich auf dem Macbook. Für macOS gibt es einen sehr guten und einfach zu bedienenden MS-Dos Emulator, die Dosbox. Damit Dosanwendungen laufen zu lassen, ist trivial, ich klicke auf einen .exe-File, den die Dosbox startet und dabei annimmt, dass das aktuelle Verzeichnis auf dem Mac das Laufwerk C: ist. Ich muss mir also nicht einmal die Mühe machen, zwischen irgendwelchen virtuellen Datenträgern und dem normalen Filesystem hin und her zu kopieren. (Andere Laufwerke, z.B. CDs, lassen sich mit Dropbox mounten.) Wenn man möchte, kann man die Videodarstellung auf „alt“ trimmen, also Scanlines und Bildschirmkrümmung eines CRT als Filter aufschalten.

      Unter der Dosbox verwende ich zwei 8-Bit-Emulatoren, die für MS-Dos geschrieben worden sind, einen für den TRS-80, den anderen für den Apple II. Ebenso habe ich für Programmierzwecke mir GW-Basic und andere Programmiersprachen für Dos verwendet. Das Wumpus-Programm habe ich komfortabel im emulierten Basic geschrieben. Alles ganz easy, also.

      Wumpus
  3. Avatar von Alexander Strellen

    Wieder etwas gelernt an diesem Wochenende. Die Jagd nach dem Wumpus und die Hintergrundgeschichte! Wirklich toll geschrieben. Die ganzen Links und Verweise die du in den Text gesteckt hast … da steckt wirklich Arbeit drin. Natürlich habe ich die Version im Browser sofort ausprobiert und habe bei der Jagd kläglich versagt. Wie spannend doch die Geschichte von Videospielen sein kann.

    Nele AbelsMichael
    1. Avatar von Nele Abels

      Tja… einfach mal die Spielstrategie nachmachen, die ich beschrieben habe! 😉

  4. Avatar von Michael

    Das ist ein wirklich schöner Ausflug und ein gelungener Einblick unter die Oberfläche der Spiele der Anfangszeit, Nele! Was die Verwendung von Maps in Computerspielen angeht, finde ich, dass diese auch eine Barriere abbauen können, um dem Computer-Neuling einen Zugang zu dem damals neuen Medium Computer zu schaffen.
    Sehr faszinierend sind auch deine Erläuterungen zum BASIC-Programm von Wumpus. Es hatte schon was mystisches dem Spaghetti-Code zu folgen um den Code zu verstehen. Sozusagen ein Maze in einem Maze ;).

    Nele Abels
    1. Avatar von Nele Abels

      Die Frage nach den Barrieren im Spiel ist sehr interessant; man müsste einmal nachvollziehen, wann und wie überhaupt man beim Spieldesign angefangen hat, vom Spieler aus zu denken. In der ganz frühen Phase der 70er Jahre war das wohl überhaupt kein Punkt – Spielen und Programmieren waren eins, Gamer waren Programmierer und haben im Zweifel den Programmcode gelesen. Aber aus den 80ern erinnere ich mich noch sehr gut daran, vor allem von den Textadventures her, dass es Spieldesigner praktisch als „hoheitliche Aufgabe“ gesehen haben, Spiele so schwierig und ungewinnbar wie irgendwie möglich zu machen.

      Dass man erkennt, dass man Spielerinnen und Spieler am besten dadurch gewinnt, dass man ihnen Einstieg und Spielvergnügen möglichst einfach macht, ist wahrscheinlich ein sehr neuer Gedanke – ob der damit zusammenhängt, dass Gaming ein großer Geschäftszweig ist und man versteht, dass man Kunden gewinnen und nicht abschrecken muss?

      Aber vielleicht auch nicht – die Gamingkultur kann heutzutage sehr toxisch sein und Hardcorespieler grenzen sich von den „Casual Gamers“ gerne durch ihre betonte Leistungsfähigkeit und Joysktickvirtuosität ab. Andererseits hat sich der Gedanke von Barrierearmut auch im Spielen seit Anfang der 2000er etabliert.

      Müsste man mal untersuchen, aber dazu verstehe ich einfach zu wenig von Gaming ab den 90ern…

      Wumpus
  5. Avatar von Wumpus
    Wumpus

    Hallo

    Was für ein großartiger Artikel über Wumpus. Wirklich sehr detailliert beschrieben. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, über mein BASIC Lieblingsspiel „Wumpus“ zu lesen. D A N K E

    Ich habe dieses Spiel zu meiner 64er Zeit (ca.1983) kennen gelernt. Damals kaufte ich mir das Buch:

    Basic Computer Spiele Band 2 von David H. Ahl

    Wo auf der Rückseite eine verlockende Beschreibung des Spiels Wumpus war, aber lest selbst:

    Wumpus, das Spiel, das über mehr Bildschirme flimmerte, mehr Elektrizität und Hirnkraft verbrauchte, mehr schlaflose Nächte verursachte als alle anderen.
    Wer kennt den Wumpus und hat überlebt?
    Wer kann den Wumpus beschreiben?

    Leider hat mich das Programm nach dem abtippen arg enttäuscht, da es halt nur ein textorientiertes Spiel war und ein 64er schon mehr auf Grafik (Sprites) getrimmt war. Also flog das Buch erst mal in die Ecke!

    Aber seit dem Jahr 2001 begann ich alte Computer zu sammeln und das Spiel wurde mir lieb und heilig. Ich habe es auf vielen meiner Computer nochmals abgetippt z.B. auf die Klassiker Apple IIe, TRS 80 Level 1 oder PET 2001, aber auch auf einen Epson HX20 und einem AIM65. Meine
    WANG PCS 2200 II mußte für dieses Spiel auch herhalten.
    Das Buch mußte ich mir leider bei Ebay wieder besorgen, da mein Original nicht mehr auffindbar war.

    Viele Grüße
    Wumpus

    MichaelWumpus
    1. Avatar von Nele Abels

      Danke für das Lob. Das ist eine beeindruckende Sammlung, die du da erwähnst. Einen Aim65 würde ich wirklich mal gerne anfassen und die Pets finde ich vom Design her einmalig. Die sahen wenigstens noch so aus, wie in den 70ern ein Science-Fiction-Computer auszusehen hatte! Vom Wang hatte ich noch nicht gehört, scheint ein CP/M-System zu sein?

      Die Enttäuschung nach dem Abtippen kann ich nachvollziehen, wenn man den C64 als „Normalzustand“ im Gaming gewohnt ist und ich glaube, als Jugendlicher kann man den Reiz hinter der kargen Spielumgebung noch nicht so richtig wertschätzen. Das ist ja bei allen Spielen aus den Ahlschen Kompendien so, die ich damals natürlich auch in den TRS-80 „gehackt“ habe. 🙂

      Wumpus
      1. Avatar von Wumpus

        Hallo Nele
        Danke für deine Antwort.
        Die WANG hatte kein CP/M Betriebssystem, wie auch da sie kein Z80 Prozessor besaß 🙂
        Hier mal eine kurze Beschreibung aus meiner damaligen Webseite:
        WANG 2200 PCS II Baujahr 1977
        Die 1951 von dem chinesischen Emigranten An Wang gegründete amerikanische Firma WANG Laboratories begann 1973 mit der Auslieferung der ersten Computer der Familie 2200. Die etwa 4 Jahre später eingeführte PCS II (Personal Computer System) zählt zu den kompaktesten aus dieser Serie, und wiegt trotzdem an die 25kg. Zugegebenermaßen handelt es sich nicht um einen Homecomputer, sondern um einen frühen Bürorechner. Von der Funktion und dem Äußeren her ähnelt er den großen CBM-Maschinen (8296D), dem TRS 80 Model II oder dem HP 9836 – die allerdings alle ein paar Jahre später erschienen. Der innere Aufbau unterscheidet sich dagegen gewaltig. So enthält die PCS II keinen Mikroprozessor(!); stattdessen wird die CPU aus einer 4-Bit-ALU (74181) und Unmengen weiterer TTL-ICs gebildet. Das 42,5 große ROM hat eine Wortbreite von 20 Bit (nicht 8 oder 16 … wirklich 20) und enthält ein überaus mächtiges BASIC, das beim Start der Maschine sofort zur Verfügung steht. Das 16 KB große RAM liegt in einem eigenen Adressraum und ist nahezu vollständig für Anwenderprogramme und Daten verwendbar. Auch die Massenspeicher sind außergewöhnlich. Weil die üblichen 8″-Laufwerke für diesen Rechner zu groß waren, ließ WANG von Shugart ein kleineres Format entwickeln – die 5,25″ Minidiskette war geboren! Die verwendeten Disketten sind hartsektoriert und werden einseitig beschrieben; mit 10 Sektoren á 256 Byte pro Spur und 35 Spuren ergibt sich eine Kapazität von 87,5KB…..
        Hier mal ein Link (wenn es hier erlaubt ist… ansonsten löschen) zu einem Niederländischen WANG Museum:

        https://www.wangmuseum.nl/

        Gruß Wumpus

  6. Avatar von André Eymann

    Einfach nur klasse Dein Beitrag Nele! Ohne Dich hätte ich vermutlich nie etwas von Gregory Yob oder den Wumpus erfahren. Dabei begeistert mich nicht nur die historische Dimension Deines Textes, sondern vor allen Dingen auch, wie viel Leidenschaft Menschen wie Yob in ihre Werke investiert haben. Letzten Endes waren sie damals ja „cutting edge“ und haben auch den kleinen Computer tatsächlich etwas Neues herausgeholt und Grenzen verschoben. Wie Du schon erwähnst, ist der „Schatten des Wumpus“ ein Großer. Die Prinzipien von damals sind elementar und die Pionierleistung unverkennbar.

    Das Du im „Selbstexperiment“ noch einmal die Reise durch das Spiel vorgenommen und das hier dokumentiert hast ist ein Geschenk! Danke dafür <3

    Michael
    1. Avatar von Nele Abels

      Danke für das nette Feedback. Mit dem nunmehr dritten Artikel hier beginnt sich allmählich meine Interessensrichtung herauszukristallisieren, die auch einfach dem entspricht, was ich auf der Uni in den 90ern mitgenommen habe. Vom Handwerk her bin ich Historiker und Literaturwissenschaftler und deswegen sehe ich Computerspiele auch immer eingebettet in einerseits die Zeitgeschichte, andererseits andererseits in das Gewebe menschlicher Erzählungen. Und was ich da sehe, finde ich sehr spannend. Ich habe schon einige andere Ideen, aus denen ich Artikel stricken möchte.

  7. Avatar von Stephan Ricken

    Ein beeindruckend detaillierter und in die Tiefe gehender Artikel, den ich mit großem Interesse und Begeisterung gelesen habe. Vielen Dank dafür! <3

    MichaelAndré EymannNele Abels
  8. Avatar von Sven

    Hallo Nele,
    ich muss schon sagen, ich habe noch nie einen Menschen so leidenschaftlich über ein optisch so minimalistisches Spiel berichten hören. Du hast mich förmlich angefixt, mir Hunt the Wumpus mal genauer anzuschauen.
    Vielen Dank für deinen inspirierenden Artikel 🙂

    (Ich hab mir mal deine Python Version runtergeladen^^)

    VG
    Sven

    MichaelAndré EymannNele Abels
    1. Avatar von André Eymann

      Ich bin auf Deine Erfahrungen mit dem Spiel gespannt!

      Michael