Die 18. Lange Nacht der Computerspiele in Leipzig

Avatar von Kevin Puschak

Zehn Jahre nach meiner ersten „Langen Nacht der Computerspiele“, die ich besucht habe, stand am 27. April 2024 schon zum 18. Mal das kostenlose Gaming-Event in den Räumlichkeiten der HTWK Leipzig an. In diesem Bericht bekommt ihr ein paar Eindrücke.

Seit 2007 findet im Lipsius-Bau der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur – kurz HTWK – im Leipziger Stadtteil Connewitz immer an einem Samstag im April oder Mai die Lange Nacht der Computerspiele statt. Zahlreiche Aussteller bieten ein abwechslungsreiches Sammelsurium an Videospielkultur, verteilt auf vier Stockwerke. Von Retrokonsolen bis hin zu Brettspielen ist für sämtliche Spieleliebhaber alles dabei. Und das alles mit kostenlosem Eintritt.

Letztes Jahr war zusätzlich noch der gegenüberliegende Nieper-Bau für Besucher geöffnet, wo unter anderem die berühmten HTWK Robots beim Fußballspielen beobachtet werden konnten. Das war dieses Jahr nicht der Fall. Eine weitere interessante Änderung betraf die Uhrzeit; die Veranstaltung ging nicht wie immer von 14 bis 3 Uhr, sondern endete bereits vier Stunden früher.

Am meisten lohnt sich die Anfahrt mit der Straßenbahn. Praktischerweise hat die HTWK eine nach ihr benannte Haltestelle, die man vom Leipziger Hauptbahnhof innerhalb von zwanzig Minuten erreichen kann. Meine Anfahrt erfolgte von meinen Eltern über die Bundesautobahn 14, was ebenfalls recht unkompliziert geht und die Parkplatzsituation vor Ort sogar sehr geringe Laufwege ermöglicht. In meinem Fall konnte ich dieses Jahr erstmals vor der „Haustür“ parken.

Der Lipsius-Bau der HTWK Leipzig. Hier fand die 18. Lange Nacht der Computerspiele statt.
Der Lipsius-Bau der HTWK Leipzig. Hier fand die 18. Lange Nacht der Computerspiele statt.

Erdgeschoss – analoge Abenteuer

Am Eingang öffneten sich nach 14 Uhr die Türen zum Event. Wegen der vor einigen Jahren eingeführten Taschenkontrolle, die entweder eine Abgabe großflächiger Taschen oder Markierungen von Equipment mit einem roten Punkt zur Folge hat, musste man auch dieses Jahr auf hübsche Ausstellungsstücke im Eingangsbereich verzichten.

Direkt in der Nähe des Eingangs konnte an neun Bildschirmen das Spiel Marble Maze gespielt werden. Mit einer Gruppe müssen Murmeln durch ein Labyrinth gerollt werden. Bewegt man sich weiter durch einen Flur, gelangte man einerseits zu den fußballspielenden HTWK Robots und deren Schöpfern, andererseits konnte man Studenten bei ihren Arbeiten in der Lötwerkstatt beobachten. An einem Oszilloskop konnte zudem Centipede gespielt werden.

Hinter den Treppen bzw. dem Aufzug befindet sich die Mensa, in der nicht nur günstige Speisen und Getränke – am Abend der Veranstaltung zusätzlich noch warme Mahlzeiten – zu sich genommen werden konnten, sondern auch noch Freunde analoger Spieler voll auf ihre Kosten kamen. Sei es mit fantasievollen Geschichten bei Pen & Paper oder mit epischen Spielfigurschlachten bei den Brettspielen. Teilweise gab es auch Videospiele wie „Dorfromantik“ im Brettspielformat. Das schont auf jeden Fall die Augen.

Erster Stock – ein Indie-Paradies

Wer keine große Lust auf die immergleiche Suppe der Triple-A-Spielindustrie hatte, fand im gesamten ersten Obergeschoss für sich das ein oder andere interessant aussehende Videospiel von kleineren Teams. Natürlich, hier dreht sich alles um Indie-Spiele. Die komplette Etage war voll damit. Vom unaussprechlichen Planetenverteitidungskanonenkommandant bis hin zum knuffigen Pecker.

Ein wenig haptischer wurde es Richtung Nordfoyer, wo SetActive Media ein paar ihrer Spielkreationen präsentierte. Sei es mit einem „rasanten Platformer“ namens „Multitasking Geometrics“, dessen Eingabegerät ein selbstgebauter Kasten mit zwei Knöpfen war, oder das „e-Activity-Board“, bei dem die Kleinkinder spielerisch verschiedene Steckverbindungen ausführen konnten.

Eine größere Aufmerksamkeit widmete ich dem Stand von Norrimo, der mit „Townframe“ ein kleines Spiel entworfen hat, um die Erinnerungen von Menschen an Kindheitserinnerungen in einem Bilderrahmen nachzugestalten in Form von Häusern, Bäumen oder Wettereinflüssen. Hier konnte man sich zudem für eine Zusendung einer Demoversion eintragen lassen. Überhaupt trugen ausgestellte Sticker und Informationsblätter zur Verbreitung der zahlreich vorgestellten Indietitel bei. Und die Macher waren offen für Kritik an ihren Werken.

Was mir kräftig im Gedächtnis hängen geblieben ist: In einen der Indie-Räumlichkeiten stellte Gregory Kogos sein Spiel Oom vor. Nicht etwa auf einem PC, sondern auf dem Playdate. Dies war meine erste Begegnung dieses interessanten Handhelds, welches zwar mit seinem Schwarzweiß-Bildschirm nicht gerade farbenprächtig ist, dafür aber mit einer Kurbel für ein innovatives Spielvergnügen sorgt. Auch in Kogos‘ Spiel wurde die Spielfigur mit der Kurbel durch die Level manövriert, während diese permanent geschossen und sich dabei bewegt hat.

Wer aber eine Verschnaufpause von all dem Trubel gebraucht hat, konnte sich im so genannten AFK-Room ein wenig bei gemütlicher Atmosphäre oder einer Runde „Mario Kart 8 Deluxe“ bequem machen.

Zweiter Stock – Pixelbrei an jeder Ecke

Wer sich schon in Richtung des zweiten Obergeschosses begeben hat, wird 8-Bit-Klänge vernommen haben. Die kamen vom Stand von Radio Paralax, die traditionsgemäß jedes Jahr dort ihren Platz haben und neben Retro-Musik auch Spielstationen mit Konsolen und Heimcomputern vergangener Jahrzehnte anboten. Ein guter Einstieg, um direkt das Retro-Game-Feeling in diesem Stockwerk zu bekommen.

Im Südfoyer gab es – wie jedes Jahr – zahlreiche Hardwareinstallationen rund um das erste Videospiel „Pong“. Entweder ganz klassisch oder sogar mit vier Spielern. Gegenüber hatte die seit einiger Zeit unter der Verantwortung von Jörg Langer (Gründer von GameStar und GamersGlobal) herausgegebene Retro Gamer ihren Stand, wo man nicht nur einzelne Ausgaben erwerben, sondern auch mit einem zeitlich sehr knapp limitierten Angebot auch ein günstigeres Abonnement schnappen konnte.

Während es in einem Raum dank Amiga Dresden nur so vor lauter Heimcomputer von Commodore wimmelte, hatte das Haus der Computerspiele dieses Jahr wieder zahlreiche Spielkonsolen ausgestellt, an denen man sich sattsehen konnte. Von der Spielkonsole der DDR – dem Bildschirmspiel 01 – bis hin zum SNES Mini. Ein paar ältere PC-Systeme wurden ebenfalls ausgestellt.

Ein wenig Aufmerksamkeit erhaschten zwei ausgestellte Boxen mit zahlreichen Keep-Case-Spielen für den PC, die sich die Besucher kostenlos wegschnappen konnten. Einige eher bekanntere Titel wie „Black & White“ waren schnell vergriffen, ein paar bereits aktivierte Spiele haben sich ebenfalls darin befunden. Ich hatte das Glück, vier Stück davon abzugreifen.

Richtung Nordfoyer hatte Retr-O-Mat ein paar seiner Retromaschinen ausgestellt. Wer etwa Lust hatte, das Spiel „Hugo“ wie bei der Fernsehsendung aus den 90er Jahren mit Telefontasten zu steuern, konnte hier sein Glück versuchen. Kunstinteressierte fanden in der Kunst Alley eine große Auswahl an Figuren und Portraits.

Dritter und vierter Stock – Virtual Reality und Multiplayer

Im Hauptfoyer des dritten Stockwerks stellte LeFx ihr schon vom vorherigen Event bekanntes Wire-Loop-Spiel vor, welches mit einer VR-Brille in der virtuellen Realität gespielt wurde.

Während im Südfoyer Studierendes der HTWK ihre VR-Projekte vorstellten, konnten in Richtung Nordfoyer Multiplayer-Schlachten vom Verein Leipzig eSports beobachtet werden. Das mussten nicht unbedingt welche in Form von „League of Legends“ oder „Rocket League“ sein, es konnte auch auf aktiviere Art und Weise im Tanzspiel „Just Dance“ sein spielerisches Talent unter Beweis gestellt werden.

Nicht nur im zweiten, auch im vierten Stock hielten sich die LNC Masters auf, die ebenfalls virtuelle Schlachten in Form von Multiplayer-Titeln abhielten. Während im zweiten Stock Aufnahmen stattfanden, konnte man im vierten Stock den Partien lauschen.

Der Besucher mit dem VR-Headset versucht, den virtuellen Draht im Wire-Loop-Spiel nicht zu erwischen.
Der Besucher mit dem VR-Headset versucht, den virtuellen Draht im Wire-Loop-Spiel nicht zu erwischen.

Die 18. Lange Nacht der Computerspiele – das Fazit

„Mehr als 2000 Menschen“ besuchten laut HTWK die inzwischen 18. Lange Nacht der Computerspiele, was ungefähr der Besucheranzahl der vorjährigen Veranstaltung entspricht. Wie immer gab es ein großes, wenn auch gefühlt leicht gesunkenes, Sammelsurium an Ständen, um die Hingabe zur Videospielkultur zu frönen. Zum Abend hin wurde es etwas voller, zumeist an den Spielständen mehr Geduld gefragt war. Das Angebot an Indie-Spielen war überwältigend, das an Retro-Spielen hat jedoch etwas nachgelassen. Dennoch: wenn man im Hinterkopf behält, dass dieses Event jedes Jahr kostenlos veranstaltet wird, wird schon wahnsinnig viel für Jung und Alt angeboten, was jedes Mal eine große Freude ist.

Die 19. Lange Nacht der Computerspiele wird laut Website am 10. Mai 2025 stattfinden. Traditionell wie immer ein Samstag.

Offizielle Webseite: Lange Nacht der Computerspiele

Wäre dieses kostenlose Gaming-Event mit zahlreichen Indie- und Retro-Stationen auch was für Euch? Wenn ihr vor Ort wart, wie war Euer Fazit zur diesjährigen Langen Nacht der Computerspiele? Würdet ihr nächstes Jahr wieder hingehen?

MichaelTobiAndré Eymann

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2 Antworten zu „Die 18. Lange Nacht der Computerspiele in Leipzig“

  1. Avatar von André Eymann

    Ich war 2016 auf der 10. Lange Nacht der Computerspiele. Meiner Begeisterung habe ich bereits damals kundgetan und gebe sie hier noch einmal 1:1 wieder.

    Leider liegt Leipzig nicht direkt um die Ecke, sonst wäre ich dort Stammgast. Eine großartige Veranstaltung!

    „Ich habe die Lange Nacht der Computerspiele mit Freunden besucht. Es war ein ganz tolles Erlebnis und ich kann die Veranstaltung allen Freunden von Computer- und Videospielen wärmstens ans Herz legen!

    Der Querschnitt der Themen, die Organisation und die Atmosphäre sind einzigartig. Obwohl ich schon viele Veranstaltungen dieser Art besucht habe, ist diese nicht nur die interessanteste, sondern auch die professionellste.

    Ich habe einen wirklich berauschenden Überblick über alle möglichen Systeme (von DDR-Systemen bis zu aktuellen Konsolen) und Spiele bekommen. Vor allen Dingen hat mir sehr gefallen, dass man fast alles ausprobieren konnte. Ich habe viele spannende Gespräche mit sehr unterschiedlichen Menschen führen können.

    Außerdem wird die Lange Nacht durch einen starken wissenschaft­lichen Aspekt untermauert, der Einblicke in aktuelle Entwicklungen und berufliche Aspekte wirft. Wer also annähernd in der Gegend ist: unbedingt hinfahren!“

    MichaelTobi
  2. Avatar von Dennis Gerecke

    Mich erstaunt jedes Mal die umfangreiche Vielfalt dieser doch recht kleinen Videospielveranstaltung. Sie ist genau das Gegenteil von einer Gamescom, wo auf einem großflächigen Areal eine Pappfigur aufgestellt wird, von einem angekündigten Spiel, von dem es nicht einmal Gameplayfootage zu sehen gibt. Um mit der Figur ein Foto zu machen, muss man anschließend eventuell noch 15 Minuten anstehen.

    Die Lange Nacht der Computerspiele gehört durch ihre relaxte Atmosphäre zu meinen Lieblingsveranstaltungen im Gamingbereich. Dort kann ich nicht nur ein Spiel lange spielen, sondern auch mit den Entwicklern über die Entstehung quatschen. Dieses Jahr habe ich mich sogar etwas zu viel verquatscht und dadurch nur wenige Spielstationen erleben können. Deine Eindrücke haben mir zumindest gezeigt, was ich alles verpasst habe. Danke dafür.

    Im nächsten Jahr lasse ich eventuell die Interviews und Berichterstattung aus, um mehr von dem schönen Event mitnehmen zu können.

    MichaelTobiAndré Eymann